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Ein beamtenrechtliches Beurteilungssystem auf der Grundlage eines Ankreuzverfahrens kann rechtswidrig sein!

Bereits Anfang 2013 haben wir in einem Beitrag auf unserer Homepage darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung Beurteilungen transparent sein müssen. So hatte das Verwaltungsgericht Darmstadt die Beurteilungsrichtlinien der Zollverwaltung massiv kritisiert. Die Beschränkung auf die Vergabe von einzelnen Noten im Wege des Ankreuzens ohne verbale Zusätze sei nicht aussagekräftig. Zumindest im Rahmen des Gesamturteils am Ende der Beurteilung müsse dargelegt werden, nach welchen Kriterien und mit welcher Gewichtung das Gesamturteil begründet werde. Nur dann könne von einer transparenten Beurteilung gesprochen werden. Nunmehr hat sich erstmalig ein deutsches Obergericht dieser Kritik angeschlossen.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 04.06.2014 - 1 A 651/13 - im Hinblick auf Bundesbeamte mit aller Deutlichkeit erklärt, dass eine Beurteilung eine nachvollziehbare Darstellung der fachlichen Leistungen des Beamten beinhalten müsse. Diesem Erfordernis sei nicht genügt, wenn der Beurteiler lediglich anhand eines Beurteilungsbogens im Ankreuzverfahren seine Bewertung, wie stark ein Beurteilungsmerkmal bei dem zu beurteilenden Beamten ausgeprägt sei, niederlege. Dies ergebe sich zunächst aus § 49 BLV. Darüber hinausgehend sei der Dienstherr bereits aufgrund allgemeiner rechtlicher Erwägungen spätestens im verwaltungsgerichtlichen Verfahren verpflichtet, seine Beurteilung zu begründen, wenn der Beamte deren mangelnde Nachvollziehbarkeit rüge. Gerade dieser Verpflichtung kommen Behörden im verwaltungsgerichtlichen Verfahren häufig nicht nach. Vielmehr wird lediglich behauptet, dass die Beurteilung aus einzelnen Werturteilen bestehe, die nicht weiter begründet werden müssten. Hierauf sollten sich Beamtinnen und Beamte, die ihre Beurteilung angreifen, nicht einlassen.

Unabhängig davon stellt sich die Frage, ob und inwieweit Beurteilungsverfahren, die lediglich die Verpflichtung des Beurteilers zum Ankreuzen eines bestimmten Ausprägungsgrades eines einzelnen Beurteilungsmerkmales beinhalten, überhaupt mit dem geltenden Recht vereinbar sind. Derartige Beurteilungen sind regelmäßig nicht nachvollziehbar. Da der Beurteiler in den meisten Fällen auch eine umfassende und nachvollziehbare Begründung der vorgenommenen Wertungen verweigert, bleibt nur der Gang vor das Verwaltungsgericht. Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung bestehen jetzt durchaus Chancen, dass die Verwaltungsgerichte die Rechtswidrigkeit derartiger Beurteilungen bereits aufgrund der mangelnden Begründung feststellen.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat in dem von ihm entschiedenen Verfahren die Revision zugelassen. Wir gehen daher davon aus, dass sich das Bundesverwaltungsgericht in diesem Jahr mit dieser Rechtsfrage befassen wird. Sobald eine Entscheidung vorliegt, werden wir in unserem Newsletter darüber berichten.


                                                                         aus Newsletter Beamtenrecht 1/2015

 

 

Münster, 07.01.2015

Dr. Frank Schulze, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Dipl.-Verwaltungswirt