Landwirtschaftsrecht / Agrarrecht

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Landwirtschaftsrecht / Agrarrecht
Wann ist im Prämienrecht der Vorwurf eines vorsätzlichen Regelverstoßes gerechtfertigt?

Landwirte, die fehlerhafte Angaben in ihrem Antrag zu ihren Flächen machen, haben zum Teil erhebliche Kürzungen ihrer Prämienansprüche zu befürchten. Besonders gravierende Kürzungen werden dann vorgenommen, wenn die Behörde behauptet, der Landwirt habe vorsätzlich gehandelt. Wann aber liegt Vorsatz vor? Schließlich kann die Behörde nicht rückblickend in den Kopf des Landwirtes schauen um festzustellen, welche Vorstellungen er bei der Antragstellung gehabt hat.

Die Rechtsprechung hat hier in der Vergangenheit eine harte Linie verfolgt. So wurde es nicht als erforderlich angesehen, dass der Landwirt im Rahmen seiner Angabe im Antrag das Ziel verfolgt hat, sich unrechtmäßig eine Zahlung zu erschleichen. Ausreichend ist es nach der Rechtsprechung vielmehr, wenn der Landwirt weiß, dass seine Angabe nicht richtig ist. Ein Bewusstsein dahingehend, dass durch die falsche Angabe eine ihm nicht zustehende Förderung bewirkt wird, wird nicht verlangt. Es obliege dem Landwirt, Beihilfeanträge nur für Flächen zu stellen, die die Bedingungen für die Gewährung der betreffenden Beihilfe erfüllten. Ferner sei er verpflichtet, die Bewilligungsbehörde über jede nach Antragstellung eintretende Änderung der Sachlage zu informieren. Von dem Landwirt wird somit erwartet, dass er die gesetzlichen Regelungen für die Prämiengewährung kennt. In der Rechtsprechung wird aber regelmäßig verkannt, dass diese Erwartung nicht dazu führen darf, dem Landwirt zu unterstellen, ihm sei die entsprechende Regelung auch tatsächlich zu dem Zeitpunkt, zu dem er gehandelt hat, bewusst gewesen. Das prämienrechtliche Regelwerk ist nämlich sehr umfassend. Ein Landwirt kann es regelmäßig nicht überblicken.

An dieser Stelle hat nun das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 01.10.2014 - 3 C 31.13 - einen wichtigen Hinweis erteilt. Das Bundesverwaltungsgericht weist zu Recht darauf hin, dass beispielsweise die Fehlvorstellung, die von dem Landwirt verletzte Vorschrift habe keine Bedeutung für die beantragte Förderung, als ein den Vorsatz ausschließender Irrtum angesehen werden kann. Dem Hinweis eines Landwirtes, er habe die prämienrechtliche Regelung, gegen die er verstoßen hat, nicht gekannt oder ihre rechtliche Bedeutung fehlerhaft eingeschätzt, muss ein Gericht folglich immer nachgehen. Mit dem bloßen Hinweis, der Landwirt hätte die Regelung kennen müssen, kann das Vorliegen eines Irrtums, dem der Landwirt tatsächlich unterlegen ist, nicht verneint werden. Das Verwaltungsgericht muss somit der Frage, ob ein derartiger Irrtum vorgelegen hat, nachgehen. Insoweit kommt es maßgebend auf die Glaubwürdigkeit des Landwirtes an. Hierzu wird sich das Gericht nur eine Meinung bilden können, wenn es den Landwirten selbst anhört.

Ist folglich ein Landwirt einem Irrtum unterlegen und hat daher fehlerhafte Angaben in seinem Antrag gemacht oder Angaben gegenüber der zuständigen Behörde unterlassen, so muss dies sehr ausführlich und präzise vorgetragen werden, damit der Irrtum nachvollziehbar ist. Die Verhängung einer Sanktion wegen Vorsatzes kommt dann nicht mehr in Betracht.


                                                                         aus Newsletter Agrarrecht 1/2015

 

 

Münster, 10.03.2015

Dr. Frank Schulze, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht