Wirtschafts- und Verbraucherrecht
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Wirtschafts- und Verbraucherrecht
Geld zurück von der Versicherung, wenn diese sich branchenfremd im Kreditgeschäft versucht?

 

Versicherte dürfen die begründete Hoffnung darauf haben, ganz oder teilweise bislang gezahlte Prämien zurückgezahlt zu bekommen, wenn und soweit der Versicherer die Jahresprämie in Monatsraten erhebt ohne hierfür den effektiven Jahreszins angegeben zu haben. So entschied das Landgericht Bamberg bereits im Jahre 2006 (Urteil vom 08.02.2006 - 2 O 764/04 -).

 

Dieses Urteil wurde zwar zunächst von der Berufungsinstanz, dem OLG Bamberg (Urteil vom 24.01.2007 - 3 U 35/06 -), kassiert. Allerdings fand der Versicherer vor den Augen des Bundesgerichtshofes keine Gnade. Nach der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe erkannte der Versicherer die klägerischen Ansprüche an. Auf diese Weise vermied er es, dass ein inhaltliches Urteil in der Sache erging.

 

Worum geht es?

 

Wenn in dem Versicherungsvertrag vereinbart worden ist, dass eine Jahresprämie im Voraus gezahlt werden soll, tatsächlich jedoch monatliche Raten gezahlt werden, erheben die Versicherer regelmäßig für diese unterjährigen Prämienzahlungen Zusatzbeiträge.

 

Rechtlich betrachtet stellt sich diese Art der Prämienzahlung als Zahlungsaufschub im Sinne des § 506 BGB und damit als ein Verbraucherdarlehen dar. Die Jahresprämie wird kreditiert; die Monatsprämie verzinst. Wenn es sich jedoch um Verbraucherdarlehen handelt, muss der Versicherer, auch wenn er kein Bankgeschäft betreibt, sich an die Vorgaben der europarechtlichen Verbraucherkreditrichtlinie halten und den effektiven Jahreszins in den Vertragsunterlagen angeben. Tut er dies nicht, tritt an die Stelle des von dem Versicherer kalkulierten effektiven Jahreszinses der gesetzliche Zinssatz von 4 % per anno. Den Differenzbetrag muss der Versicherer dann an seinen Kunden auszahlen.

 

Darüber hinaus wäre der Versicherer gehalten, über ein Widerrufsrecht des Kunden zu belehren. Ist diese Belehrung unterblieben, steht dem Kunden weiterhin das Widerrufsrecht zu. Er könnte auf diese Weise den gesamten Versicherungsvertrag rückabwickeln. Dies könnte insbesondere für Kunden von Lebensversicherungen von Interesse sein.

 

Die Versicherungswirtschaft lässt regelmäßig dementsprechende Ansprüche ihrer Kunden zurückweisen. Sie argumentiert, dass mit dem Anerkenntnisurteil des Bundesgerichtshofes vom 29.07.2009 (I ZR 22/07) keine inhaltliche Entscheidung in der Sache vorliege. Aus dem formalen Anerkenntnisurteil lasse sich nicht ableiten, dass es sich bei der unterjährigen Prämienzahlung um einen Zahlungsaufschub im Sinne des § 506 BGB handele. Regelmäßig ginge es bei der Ratenzahlung nicht um eine Darlehensfunktion. Vielmehr stünden Rabattierungsgesichtspunkte im Vordergrund. Außerdem seien die gesetzlichen Regelungen zur Jahresprämie lediglich als Regelung zur Versicherungsperiode und nicht als Fälligkeitsabreden zu verstehen.

 

Diese Argumentation vermag meines Erachtens nicht zu überzeugen. Bei dem Ratenzahlungszuschlag für die unterjährige Prämienzahlung handelt es sich um nichts anderes als um ein verzinstes Darlehen. Ein Rabattierungsgesichtspunkt steht eben nicht im Vordergrund. Gerade in den Fällen, in denen Zuschläge für eine unterjährige Zahlungsweise angeboten werden, führt die unterjährige Zahlungsweise zu einer Verteuerung der Versicherung. Anderes wäre es nur dann, wenn der Versicherungsnehmer bei Zahlung der gesamten Prämie zu Beginn des Versicherungsjahres hierfür mit einem Prämienabschlag belohnt würde.

 

Ein Blick in die eigene Versicherungspolice kann sich also lohnen.

 

Münster, 06.09.2010

Burkard Lensing, LL.M., Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungsrecht