Wirtschafts- und Verbraucherrecht
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BGH pocht auf Verbraucherschutz für Häuslebauer

Bislang stand der private Häuslebauer häufig staunend seinem Bauunternehmer gegenüber. Der Bauherr klagte über Baumängel. Der Bauunternehmer konterte mit Formalia der VOB/B - häufig mit Erfolg. Dass einzelne Klauseln des Bedingungswerkes der VOB/B den rechtlichen Anforderungen an den Verbraucherschutz nicht genügen, half dem privaten Häuslebauer nicht. Bislang ging der Bundesgerichtshof nämlich davon aus, dass die VOB/B als Normgefüge insgesamt betrachtet hinreichend ausgewogen sei, so dass grundsätzlich eine Prüfung von verbraucherrechtlichen Gesichtspunkten nicht erfolgte. Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil von 24.07.2008 – VII ZR 55/07 – aufgegeben. Künftig haben die Gerichte bei VOB/B-Verträgen mit Verbrauchern stets zu prüfen, ob der Verbraucher durch die Vereinbarung der VOB/B nicht unangemessen benachteiligt wird. Im Ergebnis werden damit die Rechte des privaten Bauherrn gestärkt.

Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) wird derzeit bei rund 70 % bis 80 % aller Vertragsabschlüsse mit privaten Bauherrn vereinbart. Das Klauselwerk wird im Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss (DVA) zwischen öffentlichen Auftraggebern und der Bauindustrie ausgehandelt. Es ist zugeschnitten auf die Interessen des öffentlichen Auftraggebers bei der Auftragsvergabe.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände rügte, das die Belange privater Auftraggeber in den Bedingungen der VOB/B keine hinreichende Berücksichtigung finden. Bislang sei die Rechtsprechung davon ausgegangen, dass die VOB bereits deshalb insgesamt ausgewogen sei, da sowohl Auftragnehmer- als auch Auftraggeberinteressen berücksichtigt würden. Die Rechtsprechung übergehe dabei den Gesichtspunkt, dass die Verbraucherschutzverbände bei der Aushandlung der Klauseln der VOB nicht beteiligt werden. Private Bauherrn können als Verbraucher nicht Mitglied im DVA werden. Lediglich die Belange des öffentlichen Bauherrn fänden Eingang in die VOB/B, nicht hingegen die Interessen des privaten Bauherrn.

Die Karlsruher Richter ließen sich hiervon überzeugen. Die spezifischen Interessen der Verbraucher würden durch die VOB/B nicht im hinreichenden Maße berücksichtigt. Künftig müssen die Gerichte also prüfen, ob der Verbraucher durch die Verwendung der VOB/B nicht unangemessen benachteiligt wird. Wird dies bejaht, ist die dementsprechende Klausel unwirksam. So weicht die VOB/B zum Beispiel hinsichtlich der Verjährungsfristen von dem gesetzlichen Leitbild des BGB-Werkvertrages ab. Im BGB-Werkvertrag gilt grundsätzlich eine fünfjährige Verjährungsfrist für Baumängel an Bauwerken, in der VOB lediglich eine vierjährige Verjährungsfrist. Bislang sind solche Abweichungen vom gesetzlichen Leitbild von den Gerichten unbeanstandet geblieben, da darauf abgehoben wurde, dass die VOB/B als Ganzes betrachtet, die Interessen der Auftraggeber und Auftragnehmer gleichermaßen in hinreichendem Maße berücksichtige. Nunmehr müssen die Gerichte prüfen, ob nicht die spezifischen Belange des geschäftlich eher unerfahrenen Verbrauchers unter dem Gesichtspunkt des Rechtes der allgemeinen Geschäftsbedingungen eine gesetzliche Korrektur verlangen.

Im Ergebnis hat der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung die Rechte des privaten Bauherrn gestärkt.

Münster, 25.08.2008

Burkard Lensing, LL.M., Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungsrecht