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Schiffsfondsbeteiligung: Müssen Ausschüttungen bei einer Schieflage der Gesellschaft zurückgezahlt werden?

Anleger von Schiffsfondsbeteiligungen führen derzeit kein leichtes Leben. Die meisten Schiffsfonds sind in eine finanzielle Schieflage geraten, wenn nicht gar insolvent. Teilweise fordern die Gesellschaften von den Anlegern gewährte Ausschüttungen zurück. Ob es hierfür eine belastbare Rechtsgrundlage gibt – mit dieser Frage hatte sich der Bundesgerichtshof in zwei jüngeren Entscheidungen vom 12.03.2013 (II ZR 73/11 und II ZR 74/11) zu befassen.

Der Anleger hatte sich mit 400.000,00 DM als Kommanditist bei einem in der Gesellschaftsform der GmbH & Co. KG verfassten Schiffsfonds beteiligt. Der Gesellschaftsvertrag sah vor, dass unabhängig von einem im Jahresabschluss ausgewiesenen Gewinn Ausschüttungen an die Anleger erfolgen, soweit die Liquiditätslage des Fonds dies zuließe. Diese gewinnunabhängigen Ausschüttungen wurden in den Jahresabschlüssen auf der Passivseite der Bilanz beim Eigenkapital ausgewiesen. Im Zuge der Wirtschaftskrise im Jahre 2008 geriet der Fonds in eine finanzielle Schieflage. 2009 beschloss dann die Gesellschafterversammlung ein Restrukturierungskonzept. Nach diesem Konzept wurde die Geschäftsführung angewiesen, die erfolgten Ausschüttungen in Höhe von rund 2,5 Mio. Euro von den Anlegern zurückzufordern.

Von dem betroffenen Anleger forderte die Gesellschaft rund 60.000,00 Euro an Gewinnausschüttungen zurück. In den ersten beiden Instanzen hatte sie damit Erfolg. Das OLG Hamm als Berufungsgericht (Urt. v. 09.03.2011 – I – 8 U 132/10 -) verurteilte den Anleger zur Rückzahlung. Bei Lichte betrachtet handele es sich bei den gewinnunabhängigen Ausschüttungen um ein Darlehen der Gesellschaft. Der Fonds habe die Auszahlungen auch auf das Darlehenskonto der Anleger gebucht. Für die Anleger sei eine Rückforderung der erfolgten Zahlungen auch nicht überraschend. Die Regelungen im Gesellschaftsvertrag seien eindeutig und auch für einen Verbraucher verständlich. Klar und eindeutig spreche die gesellschaftsrechtliche Regelung davon, dass die Ausschüttung „gewinnunabhängig“ erfolge. Es werde auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Auszahlungen auf ein „Darlehenskonto“ gebucht werden und nur für Kommanditisten, welche auf die Entnahmen verzichteten, eine Bildung der Darlehensverbindlichkeit entfalle. Die Anleger hätten deshalb nicht darauf vertrauen dürfen, dass die Gewinnausschüttungen nicht zurückgefordert werden.

Die Karlsruher Richter beim Bundesgerichtshof sahen dies anders und hoben die Entscheidung des OLG Hamm auf. Nur weil die Ausschüttungen unabhängig von dem erwirtschafteten Gewinn erfolgt seien, entstehe noch kein Rückzahlungsanspruch der Gesellschaft. Grundsätzlich hafte der Anleger als Kommanditist nur mit seiner Einlage. Hierauf müsse der Anleger auch vertrauen dürfen. Selbst wenn man in den Ausschüttungen eine Rückzahlung der Kommanditanlage sehen wollte, hätte dies lediglich im Außenverhältnis zu den Gläubigern des Fonds Bedeutung (§ 172 Abs. 4 HGB), nicht jedoch im Innenverhältnis zu der Gesellschaft. Wenn im Innenverhältnis zu der Gesellschaft in Bezug auf die gewinnunabhängigen Ausschüttungen eine Rückzahlung erfolgen solle, müsse dies im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich geregelt werden. Dafür reiche es nicht aus, dass der Gesellschaftsvertrag die Buchung einer gewinnunabhängigen Ausschüttung als Darlehen vorsieht. Eine derartige Klausel sei nicht klar und verständlich genug, um einen Rückzahlungsanspruch des Fonds zu begründen.

Im Ergebnis können Fonds von ihren Anlegern gewinnunabhängige Ausschüttungen also nur dann zurückfordern, wenn dies im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehen ist. Der Bundesgerichtshof hat in seinen Urteilen vom 12.03.2013 freilich keineswegs eine grundsätzliche Absage an einen Rückzahlungsanspruch der Fondsgesellschaften ausgesprochen. Vielmehr ist in jedem Einzelfall aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Abreden zu prüfen, ob und inwieweit sich ein Anleger gegen Rückforderungsansprüche erfolgreich zur Wehr setzen kann.

Münster, 10.05.2013

Burkard Lensing, LL.M., Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungsrecht