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Neuwagenkauf: Keine Herstellergarantie ohne Inspektion?

Ob der Automobilhersteller eine Zusatzgarantie daran koppeln darf, dass der Kunde in regelmäßigen Intervallen Wartungen in einer Vertragswerkstatt durchführen lässt, hatte der Bundesgerichtshof zu entscheiden (Urt. v. 06.07.2011 – VIII ZR 293/10 -).

Der Hersteller argumentierte, er habe ein legitimes Interesse daran, seine Neuwagenkunden an das eigene Werkstattnetz zu binden. Dies diene nicht nur der Auslastung des eigenen Werkstattnetzes, sondern auch einer qualitativ hochwertigen Wartung, welche die eingegangene Garantieverpflichtung erst kalkulierbar mache. Die Herstellergarantie sei freiwillig. Deshalb sei der Hersteller auch in der Vertragsgestaltung frei. Es stehe der Rechtsprechung nicht an, eine freiwillige Herstellergarantie in eine Knebelung des Unternehmens umzudeuten.

Die Bundesrichter meinen, es müsse zwischen zwei Fällen unterschieden werden.

Würde die Herstellergarantie als Gesamtpaket angeboten, also kein zusätzliches Entgelt vom Neukunden erhoben, habe der Hersteller Recht. Wirtschaftlich gesehen bestünde dann die „Gegenleistung“ des Neukunden für die freiwillige Herstellergarantie allein darin, dass regelmäßig die vertraglich vereinbarten Wartungsdienste in Vertragswerkstätten durchgeführt werden.

Anders verhalte es sich jedoch, wenn der Neukunde neben dem Kaufpreis für den Wagen, die Herstellergarantie gesondert erwirbt und vergütet. In diesem Fall sei das Herstellerinteresse an der Kundenbindung an das eigene Werkstattnetz nachrangig nach dem Schutzinteresse des Kunden vor einer Aushöhlung von Garantiebestimmungen durch einschränkende Klauseln. Erwerbe der Kunde die Garantie gesondert neben dem Neuwagen, habe er die berechtigte Erwartung, dass er auf die Garantie jedenfalls dann vertrauen dürfe, wenn die mangelnde Beachtung der vorgeschriebenen Wartungsobliegenheiten keinen Einfluss auf den Eintritt des Garantiefalles hat.

Die Bundesrichter sahen daher die einschränkende „Intervallsklausel“ zumindest dann als unwirksam an, wenn dem Kunden der Nachweis abgeschnitten wird, dass der Garantiefall auch dann eingetreten wäre, wenn der Kunde die vereinbarten Wartungen durchgeführt hätte.

Münster, 17.10.2011

Burkard Lensing, LL.M., Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungsrecht