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Gebrauchtwagenkauf: Was ist ein Jahreswagen?

Ein als Jahreswagen verkaufter Gebrauchwagen entspricht nicht der vereinbarten Beschaffenheit, wenn zwischen der Herstellung und der Erstzulassung mehr als zwölf Monate liegen. So urteilte der Bundesgerichtshof am 07.06.2006 (XVIII ZR 180/05).

Der Käufer erwarb von einem gewerblichen Händler einen Gebrauchtwagen zum Preis von ca. 25.000,- EUR. Das Fahrzeug war im Mai 1999 hergestellt und am 08.08.2001 erstmals zugelassen worden. Der Käufer meinte, es könne sich hier nicht mehr um einen Jahreswagen handeln und minderte den Kaufpreis um rund 4.000,- EUR.

Zu Recht - urteilte der Bundesgerichtshof. Die Vorinstanzen hatten dem Händler Recht gegeben. Zwischen Erstzulassung und Übergabe des Fahrzeuges sei kein Jahr verstrichen gewesen. Im Kaufvertrag habe der Händler ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Wagen erstmals im August 2001 zugelassen worden sei. Eine arglistige Täuschung liege nicht vor. Der Bundesgerichtshof sieht dies anders. Der Käufer dürfe bei einem als Jahreswagen verkauften Kfz berechtigterweise erwarten, ein Fahrzeug zu erwerben, welches im Zeitpunkt der Erstzulassung alle Eigenschaften eines "fabrikneuen" Fahrzeugs aufweist. Die Lagerdauer eines Fahrzeugs ist nach der Verkehrsanschauung für die Wertschätzung von erheblicher Bedeutung. Eine lange Standdauer ist ein wertmindernder Faktor. Jeder Wagen unterliegt einem Alterungsprozess, der bereits mit dem Verlassen des Kfz aus dem Herstellungsbetrieb einsetzt. Bei einer Lagerzeit, welche zwölf Monate übersteigt, ist nicht mehr von einem fabrikneuen Wagen auszugehen. Deshalb handelt es sich nicht mehr um einen Jahreswagen, wenn zwischen der Herstellung und der Erstzulassung mehr als zwölf Monate liegen.

Der Käufer konnte den Minderungsbetrag von rund 4.000,- EUR behalten.

Münster, 27.08.2006

Burkard Lensing, LL.M., Rechtsanwalt