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Fondsbeteiligungen: Für die Sparkassen wird es eng!

 

Geprellte Anleger haben nach der neueren Rechtsprechung des OLG Hamm gute Chancen eine durch die Sparkassen vermittelte Fondsbeteiligung rückabwickeln zu können (OLG Hamm Urt. v. 14.07.2011 – I – 34 U 55/10 -).

 

Die S-Privatebanking GmbH, eine 100%ige Tochter der Sparkasse, vermittelte einem Kunden eine Fondsbeteiligung bei einem Medienfonds (VIP 4). Dieser geriet schon kurze Zeit später wegen eines drohenden Totalverlustes in die Schlagzeilen. Das gewagte steuerliche Konstrukt, welches dem Fonds zu Grunde lag, wurde von den Finanzämtern zum Großteil nicht anerkannt.

 

Der Kunde hatte sich mit 40.000,00 € zzgl. 5 % Agio an dem geschlossenen Fond VIP beteiligt. Er begehrte wegen des drohenden Verlustes die Rückabwicklung seiner Investition.

 

In der ersten Instanz erhielt er durch das Landgericht Dortmund Recht. Das Gericht stellte freilich nicht darauf ab, dass der Kunde falsch beraten worden sei. Das Risiko war der Kunde bewusst eingegangen. Der drohende Totalverlust spielte in dem Prozess daher keine große Rolle. Vielmehr stellten die Richter darauf ab, dass die S-Privatebanking GmbH ohne Wissen des Kunden rund 2.800,00 €, also knapp 7 % des Investments, als Rückvergütung von dem Emittenten des Medienfonds erhalten habe. Der Kunde wende sich aber gerade deshalb an einen Berater, weil er selbst nicht über die hinreichende Sachkunde verfüge. Er vertraue daher auf die Unabhängigkeit und Neutralität des Beraters. Erhalte dieser hinter seinem Rücken Vergütungen von der Fondsgesellschaft (sog. Kick-Backs), müsse der Berater hierüber aufklären. Seine Neutralität sei durch den Interessenkonflikt gefährdet. Der Kunde könne dann nicht beurteilen, ob ihm lediglich deshalb ein Finanzprodukt empfohlen werde, weil der Berater ein finanzielles Interesse daran habe. Hätte die beratene Firma über den Interessenkonflikt aufgeklärt, hätte der Kunde – so sei zu vermuten - die Investition nie getätigt. Deshalb sei sie rückabzuwickeln.

 

Dies wollte die S-Privatebanking GmbH nicht auf sich sitzen lassen. Sie argumentierte, sie sei eine von den Sparkassen unabhängige, selbstständige juristische Person. Der Kunde hätte von vornherein nicht darauf vertrauen können, als Prämienkunde der Sparkassen unentgeldlich beraten zu werden. Die S-Privatebanking GmbH sei ebenso unabhängig aufgetreten wie ein unabhängiger Finanzmakler. Der Kunde müsse wissen, dass Makler nicht allein für Gottes Lohn arbeiteten, sondern von Provisionen lebten.

 

Das sahen die Richter beim OLG Hamm anders. Ausschlaggebend sei die Außendarstellung der Firma. Nach außen hin sei sie als zum Sparkassenverbund zugehörig aufgetreten. Grundsätzlich müsse der Kunde zwar wissen, dass Vermittler nicht unentgeldlich, sondern auf Provisionsbasis, tätig werden. Hier durfte der Kunde jedoch aufgrund der Zugehörigkeit zum Sparkassenverbund darauf vertrauen, dass die Beratung durch laufende Bankgebühren – wie etwa Kontoführungsgebühren etc. – abgegolten sei. Die heimlichen Rückvergütungen hätten daher offen gelegt werden müssen, um dem Kunden den drohenden Interessenkonflikt vor Augen zu führen. Dieser Aufklärungspflicht habe die S-Privatebanking GmbH nicht Genüge getan. Deshalb stehe für sie für die Rückabwicklung der Investition ein.

 

Nach dieser neueren, kundenfreundlichen Rechtsprechung des OLG Hamm haben Anleger gute Chancen ihr Geld zurückzuerhalten.

 

Münster, 17.10.2011

Burkard Lensing, LL.M., Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungsrecht