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Verbraucher können Konsumkredite einfacher widerrufen

Wer bei der Aufnahme eines Darlehens zeitgleich eine Restschuldversicherung abschließt, hat nunmehr größere Chancen, aus beiden Verträgen wieder auszusteigen. Der Bundesgerichtshof sieht den Kredit und die Restschuldversicherung nicht als zwei verschiedene Rechtsgeschäfte, sondern als Vertragseinheit an (Urt. v. 15.12.2009 – XI ZR 45/09 -). Das macht es dem Kreditnehmer leichter, aus dem Vertrag herauszukommen.

Ein Ehepaar hatte ein Darlehen bei der CityBank, welches mit einer Restschuldversicherung kombiniert war, widerrufen. Beide Verträge bildeten aus ihrer Sicht eine rechtliche Einheit. Die Prämien für die Restschuldversicherung erhöhten die Darlehenssumme. Auf die Erhöhung der Finanzierungskosten durch die Kopplung an die Restschuldversicherung – so die Eheleute - hätte die Bank sie hinweisen müssen, was nicht geschehen sei. Außerdem sei die Wirksamkeit des Darlehensvertrages an das Zustandekommen der Restschuldversicherung gekoppelt gewesen. Die Widerrufsbelehrung der Bank sei insoweit unzureichend gewesen.

Dieser Argumentation folge der Bundesgerichtshof zumindest zum Teil. Zwischen Kredit und Versicherung bestehe eine wirtschaftliche Einheit. Rechtlich betrachtet handele es sich um ein verbundenes Geschäft. Dies habe zur Folge, dass die Kreditnehmer sowohl an den Kreditvertrag als auch an die Restschuldversicherung nicht mehr gebunden sind – auch dann, wenn sie nur einen davon widerrufen haben. Weil die Bank in ihren vorgedruckten Widerrufsbelehrungen nicht auf diese Rechtslage hingewiesen habe, könnten die Kunden auch nach Ablauf der gesetzlichen Frist von zwei Wochen ohne jede Begründung von dem gesamten Geschäft zurücktreten.

Dass es sich bei dem Geschäft um ein einheitliches Rechtsgeschäft handele, lag für die Karlsruher Richter auf der Hand. Beide Verträge hätten wechselseitig aufeinander Bezug genommen. Der Darlehensvertrag sehe die teilweise Verwendung des Darlehens zur Bezahlung der Versicherungsprämie vor, die Wirksamkeit des Restschuldversicherungsvertrages sei zudem von Zustandekommen des Darlehensvertrages abhängig gewesen. Die Versicherungsgesellschaft sei im Darlehensvertrag sogar als „Partner“ der CityBank bezeichnet worden.

Mit diesem Grundsatzurteil erleichtert der Bundesgerichtshof dem Kreditnehmer aus einem mit einer Restschuldversicherung gekoppelten Darlehensvertrag frühzeitig herauszukommen.

Der wirtschaftliche Kern der Auseinandersetzung zwischen Verbraucherschützern und Banken im Streit um Konsumkredite, welche mit einer Restschuldversicherung gekoppelt sind, wird durch das Urteil freilich nicht berührt.

Die Restschuldversicherung springt im Fall von Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit oder Tod ein und übernimmt die Zahlung der ausstehenden Darlehensraten an die Bank. Durch die Kopplung von Konsumkredit und Restschuldversicherung sichern die Banken sich gegen den Zahlungsausfall ab. Dem Kunden wird die Restschuldversicherung häufig als „Arbeitslosigkeitsversicherung“ angedient. Darauf, dass die Prämien der Restschuldversicherung die Finanzierungskosten für den Kredit erhöhen, weisen die Banken regelmäßig nicht hin. Selbst das neue Verbraucherkreditgesetz, welches im Juni 2010 in Kraft tritt, sieht nicht vor, dass die Versicherungskosten in den Effektivzins des Darlehens einberechnet und ausgewiesen werden müssen. Dabei können die Prämien für die Restschuldversicherung laut Arno Gottschalk von der Verbraucherzentrale Bremen die effektiven Kreditkosten um 20 bis 30 % erhöhen. Gleichzeitig vereinnahmen die Banken für die Vermittlung von Restschuldversicherungen auch noch Provisionen von den Versicherern. Einige Verbraucherschützer werfen den Banken in Fällen des kombinierten Konsumkredits mit Restschuldversicherung daher „Kreditwucher“ vor.

Münster, 05.01.2010

Burkard Lensing, LL.M., Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungsrecht