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Vermögensanrechnung beim BAföG: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen sichert Studierenden Vermögensfreibetrag

Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat die Rechte von Auszubildenden bei der Ausbildungsförderung gestärkt. Künftig ist sichergestellt, dass für alle Studenten (mindestens) ein Vermögen von bis zu 5.200,- € anrechnungsfrei bleibt. Die gegenteilige Verwaltungspraxis erklärte das Gericht für rechtswidrig.

Entschieden hatte das Oberverwaltungsgericht über den folgenden Fall:

Eine Studentin war nach dem Tod ihrer Mutter gemeinsam mit ihren Geschwistern und ihrem Vater Miteigentümerin des Familienheims. Da das Hausgrundstück noch belastet war, entfiel auf ihrem Miteigentumsanteil nur ein Wert von etwa 2.500,- €. Daneben hatte sie Ersparnisse von 5.000,- €. Das Amt für Ausbildungsförderung lehnte den BAföG-Antrag teilweise ab und rechnet das Vermögen in Form des Miteigentumsanteils an dem Hausgrundstück als Vermögen an. Die Studentin machte geltend, es könne ihr nicht zugemutet werden, dieses Vermögen zu verwerten. Das sei ihr nur möglich, indem das gesamte Haus versteigert wird, um dann aus dem – fraglichen – Erlös nach Abzug aller Verbindlichkeiten einen Betrag von 2.500,- € zu erzielen. Das entspräche nicht einmal der Miete für ein ganzes Jahr. Sie machte geltend, die Verwertung ihres Anteils am Haus könne ihr nicht zugemutet werden. Die Vermögensanrechnung sei unbillig.

Das Amt für Ausbildungsförderung entgegnete, die Studentin verfüge ja noch über Ersparnisse von 5.000,- €, so dass zur Vermeidung einer Härte es nicht erforderlich sei, den Anteil am Hausgrundstück anrechnungsfrei zu stellen.

Vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg war die Klägerin erfolgreich. Mit Beschluss vom 12.08.2010 wies das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen nunmehr den Antrag des Amtes für Ausbildungsförderung auf Zulassung der Berufung zurück. Das Oberverwaltungsgericht stellte klar, dass das Gesetz in § 29 Abs. 3 BAföG ausdrücklich vorsehe, dass ein „weiterer“ Teil des Vermögens anrechnungsfrei zu stellen sei, wenn wie hier die Verwertung des Vermögens nicht zumutbar sei und eine unbillige Härte vorliege. Auch dann, wenn ein Härtefreibetrag gewährt würde, sei den Studierenden der allgemeine Vermögensfreibetrag von 5.200,- € zu belassen, weil dieser Freibetrag eine angemessene finanzielle Bewegungsfreiheit der Studenten sicher stellen solle.

Damit wird eine langjährige Verwaltungspraxis der Ämter für Ausbildungsförderung vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Frage gestellt. Studierende, die in einer ähnlichen Situation sind, können beim Amt für Ausbildungsförderung eine nachträgliche Überprüfung auch ihrer bestandskräftigen Bescheide nach § 44 SGB X beantragen (Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.08.2010, Az.: 12 A 1440/09). Der Beschluss kann hier abgerufen werden: Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12.08.2010, Az.: 12 A 1440/09

Münster, 15.09.2010

Wilhelm Achelpöhler, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht