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Das Bundesverfassungsgericht erleichtert Fachrichtungswechsel

Das Bundesverfassungsgericht hat durch Beschluss vom 24.08.2005, Az.: 1 BvR 309/03, den Fachrichtungswechsel für BAföG Empfänger erleichtert. Wer auf Grund eines Neigungswandels das Studium wechseln möchte, muss dies nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 BAföG bis zum Beginn des vierten Fachsemesters tun. Wer später wechselt, erhält BAföG nur noch dann, wenn es für den Wechsel einen unabweisbaren Grund gibt, etwa wenn ein angehender Sportlehrer auf Grund eines Unfalls seinen Beruf nicht mehr ausüben könnte. Die Grenze von vier Semestern gilt seit 2001. Bis dahin musste der Wechsel sogar bis zum dritten Fachsemester erfolgen. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht betrifft den Fall, dass ein Studierender die Frist für den Fachrichtungswechsel überschritten hatte, ihm allerdings neun Studienleistungen des alten Studiengangs angerechnet wurden. Er wurde ort nicht in das erste Semester eingestuft, sondern in das dritte Semester. Allenfalls zwei Semester wurden nicht angerechnet, also genau so viele Semester, als hätte er sein Studienfach bis zum Beginn des dritten Semesters gewechselt. Der Student musste bis zum Bundesverfassungsgericht klagen. Das Verwaltungsgericht Köln wies seine Klage ab, das Oberverwaltungsgericht gab ihr statt und zwar letztlich mit der selben Begründung, wie jetzt das Bundesverfassungsgericht. Das Oberverwaltungsgericht NW vertrat die Auffassung, die Nichtgewährung von BAföG würde in diesem Falle gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Es gäbe keine hinreichenden Gründe, einem solchen Studierenden Ausbildungsförderung zu verweigern. Denn das Studium dieses Studierenden würde sich nur in gleichem Maße verzögern, wie bei anderen Studierenden, die vor Erreichen des dritten Semesters ihr Studienfach wechselten. Durch die Zulassung des Fachrichtungswechsels würde der Studierende auch keine erheblich höheren BAföG Leistungen erhalten, weil sich die Förderungshöchstdauer dadurch nicht verlängere. Denn die Semester des vorangegangenen Studiums werden von der Förderungshöchstdauer abgezogen und für die verbleibende Zeit würde er nur BAföG in Form eines vollständig zurückzahlbaren und verzinslichen Bankdarlehens erhalten.

Auch habe der Student nur deshalb nicht früher wechseln können, weil er in dem neuen NC-Studiengang keinen Studienplatz erhalten habe.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat auch über den Einzellfach hinaus Bedeutung:

Sie betrifft zwar zunächst nur Studierende im Parkstudium, die nicht schneller wechseln können, weil sie in ihrem Wunschstudium keinen Studienplatz erhalten. Im Ergebnis dürften aber die Erwägungen des Gerichtes auch auf jeden anderen Fall eines Fachrichtungswechsels mit Anrechnung von Studienzeiten zu übertragen sein. Studierende, denen nach einem solchen Fachrichtungswechsel die Ausbildungsförderung verweigert worden ist und die dagegen keinen Widerspruch eingelegt haben, sollten jetzt beim Amt für Ausbildungsförderung eine Überprüfung des damaligen Ablehnungsbescheids nach § 44 SGB X beantragen. Nach § 44 SGB X müssen auch bestandskräftige Bescheide erneut überprüft werden, wenn zu Unrecht Sozialleistungen verweigert worden sind.

Münster, 01.09.2005

Wilhelm Achelpöhler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht