Verwaltungsrecht

Zurück

Verwaltungsrecht
BAföG auch bei Studienverzögerung durch Erwerb griechischer Sprachkenntnisse

OVG NRW gibt Studierendem der Uni Münster Recht.

Wer für das Studium BAföG erhält, muss nach vier Semestern beim Bafög Amt eine Bescheinigung der Hochschule vorlegen, dass die nach vier Semestern üblichen Leistungen erbracht sind. Die Bescheinigung ist für die Studierenden sehr wichtig. Von ihr hängt ab, ob es weiter BAföG gibt. Fehlen nach vier Semestern noch Leistungsnachweise, kann nach fünf Semestern nur eine Bescheinigung vorlegt werden, dass nun der Leistungsstand von fünf Semestern erreicht ist.

Aber die Frist für die Vorlage der Eignungsbescheinigung kann verlängert werden. Voraussetzung: das Studium hat sich aus Gründen verzögert, die eine längere Förderung rechtfertigen – über die Förderungshöchstdauer hinaus. Das ist zum Beispiel bei einem Engagement in der Fachschaft, Unigremien oder dem AStA der Fall, bei einer Erkrankung aber auch wenn ein Studiengang Sprachkenntnisse außer in den Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch oder Latein voraussetzt, diese Sprachkenntnisse während des Besuchs der Hochschule erworben werden und die Zeit für den Spracherwerb nicht bereits bei der Regelstudienzeit berücksichtigt ist. So bestimmt es § 15 a Abs. 3 BAföG.

Solche Sprachkenntnisse müssen Lehramtsstudierende im Fach Theologie in NRW beim Zugang zum Referendariat mit dem Graecum vorweisen. Früher, als das Lehramtstudium noch als Staatsexamen absolviert wurde, war das alles kein Problem, denn es war klar, dass das Staatsexamen nur mit dem Graecum abgeschlossen werden konnte.

Ein Problem wurde das Ganze mit der Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge. Bei der Universität Münster kann man im Bachelorstudium Evangelische Theologie wählen, ob man das Modul Neues Testament mit oder ohne Graecum absolvieren will. Zugang zum Masterstudiengang hat allerdings nur wer das Modul mit Graecum absolviert hat.

Der Studierende in dem vom OVG entschiedenen Fall wählte das Modul mit Graecum und beantragte, die Frist für die Vorlage der Eignungsbescheinigung wegen der Verzögerung durch den Erwerb des Graecums um ein Semester zu verlängern.

Das BAföG Amt lehnte ab: weder der Zugang noch der Abschluss des Bachelorstudiums setzten griechische Sprachkenntnisse voraus. Das Bachelorstudium könne auch mit dem Modul NT ohne Graecum abgeschlossen werden. Dass es ohne Graecum keinen Studienplatz im Master gebe sei ohne Bedeutung.

Nachdem das Verwaltungsgericht Münster die Klage zunächst abwies, war der Studierende vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen erfolgreich. Das Oberverwaltungsgericht urteilte, ein Studiengang, der besondere Sprachkenntnisse voraussetzt, könne auch ein Schwerpunkt innerhalb eines Fachs sein. Insofern sei ein Bachelorstudium mit Erwerb griechischer Sprachkenntnisse ein anderer Studiengang als ein Bachelor ohne den Erwerb dieser Sprachkenntnisse. Der Studierende bekommt jetzt nachträglich BAföG für drei Semester.

Damit hat das OVG NRW den Begriff des „Studiengangs“ in § 15 a Abs. 3 BAföG präzisiert und die Möglichkeit verbessert, Studienverzögerungen durch den Fremdsprachenerwerb bei der Frist für die Vorlage der Eignungsbescheinigung und bei der Förderungshöchstdauer zu berücksichtigen.

 

OVG NRW Az.: Beschluss vom 24.01.23 Az.: 12 A 2791/20

Münster, 26.01.2023

Wilhelm Achelpöhler, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht