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Neue Regeln für Hartz IV treten zum 1. August 2006 in Kraft

  • Verwertbares Vermögen: Wer Arbeitslosengeld II beziehen möchte, darf nur noch über verwertbares Vermögen in Höhe von 150,00 EUR pro Lebensjahr verfügen. Bisher wurden 200,00 EUR pro Lebensjahr für einen Erwachsenen berücksichtigt. Für diejenigen, die vor 1948 geboren wurden, gelten unverändert höhere Freibeträge in Höhe von 520,00 EUR pro Lebensjahr. Für minderjährige Kinder wurde der Vermögensfreibetrag auf 3.100,00 EUR (zuvor 4.100,00 EUR) gesenkt.
  • Altersvorsorge: Zusätzlich dürfen Arbeitslosengeld II-Bezieher noch über Vermögen zur privaten Altersvorsorge in Höhe von 250,00 EUR (zuvor 200,00 EUR) pro Lebensjahr besitzen. Dieser Zusatzfreibetrag wird allerdings nicht gewährt, wenn die entsprechenden Rücklagen (z. B. für Lebensversicherungen) noch vor dem Eintritt in das Rentenalter verwertbar sind. Um das zu verhindern, kann der Leistungsbezieher mit der Versicherung einen teilweisen Verwertungsausschluss bis zur Freibetragsgrenze vereinbaren. Nach dem Versicherungsvertragsgesetz ist allerdings derzeit nur ein Ausschluss bis zu 200,00 EUR pro Lebensjahr möglich. Der Gesetzgeber hat - wie das Bundesarbeitsministerium zugibt - übersehen, die Ausschlussbeträge entsprechend den Änderungen zum Arbeitslosengeld II auf 250,00 EUR pro Lebensjahr anzuheben. Das Bundesarbeitsministerium hat allerdings versichert, dass diese "Panne" nicht zu Lasten der Arbeitslosengeld II-Empfänger geht. Sofern ein Verwertungsausschluss vereinbart worden ist, soll Altersvorsorgevermögen entsprechend den Regelungen zum Arbeitslosengeld II in Höhe von 250,00 EUR pro Lebensjahr berücksichtigt werden.
  • Übergangsregeln: Für diejenigen, die bereits Arbeitslosengeld II beziehen, findet eine Überprüfung ihrer Vermögensverhältnisse erst statt, wenn sie einen Weiterbewilligungsantrag stellen. Falls das verwertbare Schonvermögen dann den gekürzten Freibetrag übersteigt, können Betroffene innerhalb von zwei Monaten überschüssige Rücklagen zur privaten Alterssicherung anlegen.
  • Eheähnliche Partner: Künftig soll es leichter möglich sein, unverheiratete verdienende (oder vermögende) Partner, mit denen Arbeitslosengeld II-Bezieher zusammenleben, zu Zahlungen heranzuziehen. Ob eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt, mussten bisher in Zweifelsfällen die Ämter nachweisen. Jetzt wird die Beweislast umgekehrt. Künftig sollen die Ämter laut Gesetz "stets" vermuten, dass eine Eheähnlichkeit vorliegt, falls nur eines der folgenden vier Kriterien erfüllt ist: "Wenn Partner
    1. länger als ein Jahr zusammenleben,
    2. mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
    3. Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
    4. befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen".
    Damit können aber auch Menschen in einer Zweck-Wohngemeinschaft füreinander in Haftung genommen werden - etwa wenn sie ein Jahr zusammenwohnen. Der Gesetzgeber gibt ihnen allerdings die Gelegenheit, die Vermutung der Eheähnlichkeit zu widerlegen.
  • Patchworkfamilien: (Ehe-) Partner müssen jetzt ihr Einkommen und Vermögen auch für nicht leibliche Kinder einsetzen.
  • Kontrollen: Der Datenaustausch zwischen Ämtern wird erleichtert, Außendienstkontrollen werden verstärkt. So sollen verheimlichtes Vermögen in In- und Ausland sowie verschwiegene Einkünfte aufgespürt werden.
  • Sofortangebote: Wer Arbeitslosengeld II beantragt und in den letzten beiden Jahren weder diese Leistung noch Arbeitslosengeld I erhalten hat, soll bei der Antragstellung unverzüglich eine "Leistung zur Eingliederung in Arbeit" angeboten bekommen. Vielfach wird es sich dabei um einen 1-Euro-Job oder eine Trainingsmaßnahme handeln.

Münster, 15.08.2006

Dr. Rita Coenen, Rechtsanwältin