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Keine Sperrzeit für die Liebe

Nach einer Entscheidung des Sozialgerichts Münster vom 27.10.2000, Aktenzeichen S 5 AL 78/98, darf das Arbeitsamt keine Sperrzeit anordnen, wenn eine Arbeitnehmerin ein Beschäftigungsverhältnis kündigt, um an einem anderen Ort eine nichteheliche Lebensgemeinschaft mit einem Partner zu begründen. Voraussetzung ist freilich, daß sich die Arbeitslose zuvor intensiv um ein Anschlußbeschäftigungsverhältnis bemüht hat.

Zum Hintergrund: Führt ein Arbeitnehmer vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbei, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, so tritt eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III. In dieser Zeit ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum "wichtigen Grund", hat sich in den vergangenen 40 Jahren ständig geändert: Noch Anfang der 60iger Jahren meinte das Bundessozialgericht selbst der Umzug zum Ehegatten könne für sich genommen keinen wichtigen Grund darstellen. Das sah das BSG dann erst im Jahre 1977 anders. Im Unterschied dazu blieb es für unverheiratete Pärchen - selbst wenn sie gemeinsame Kinder hatten - stets bei der Sperrzeit von zwölf Wochen. Es dauerte fast weitere zwanzig Jahre bis im Jahre 1998 auch für die nichtehelichen Lebensgemeinschaften galt: Der Zuzug zum Partner kann einen wichtigen Grund zur Kündigung eines Arbeitsverhältnisses darstellen. Einschränkend freilich forderte der 7. Senat des BSG, die nichteheliche Lebensgemeinschaft müsse bereits drei Jahre bestanden haben. Der 11. Senat des BSG urteilte im gleichen Jahre, ein wichtiger Grund könne allenfalls dann vorliegen, wenn es um den Zuzug innerhalb einer bestehenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft gehe, nicht aber dann, wenn eine solche Lebensgemeinschaft erst begründet werden solle.

Das Sozialgericht Münster geht den Weg des BSG weiter. Es stellt entscheidend darauf ab, welche Bemühungen ein Arbeitnehmer bereits vor der Kündigung unternimmt um am neuen Wohnort ein Anschlußarbeitsverhältnis zu finden. Entscheidend ist also nicht mehr - im Unterschied zum BSG - ob die nichteheliche Lebensgemeinschaft bereits drei Jahre bestanden hat. Damit ist es dem obersten deutschen Sozialgericht einen Schritt voraus.

Münster, 30.10.2000

Wilhelm Achelpöhler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht