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Überstundenausgleich im Beamtenverhältnis

Grundsätzlich findet ein Ausgleich von Mehrarbeit im Beamtenverhältnis nur bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen statt. Das Gesetz bestimmt, dass der Beamte verpflichtet ist, ohne Vergütung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt.

Wird der Beamte durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, ist ihm innerhalb eines Jahres für die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Mehrarbeit entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren, § 61 Abs. 1 Landesbeamtengesetz (LBG NRW).

Der Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich von Überstunden muss sogar noch eine weitere Hürde überwinden. Hinzu kommt nämlich, dass eine Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich ist. Nur wenn dies der Fall ist, können Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern anstelle der Dienstbefreiung eine Mehrarbeitsvergütung nach § 61 Abs. 2 LBG NRW erhalten.

 

Häufig wird es jedoch an der Voraussetzung einer schriftlichen Anordnung oder Genehmigung fehlen, sodass zunächst kein Anspruch auf Ausgleich der Überstunden besteht. Das Bundesverwaltungsgericht hatte über einen derartigen Fall zu entscheiden. Der klagende Beamte hatte aufgrund einer unrichtigen Auslegung der Arbeitszeitvorschriften des Einigungsvertrages mit seiner Dienstherrin mehrere Jahre lang Dienst mit einer Wochenarbeitszeit von 40 statt 38,5 Stunden leisten müssen. Sein Antrag, ihm für die Zuvielarbeit Freizeitausgleich oder Mehrarbeitsvergütung zu gewähren, hatte bei seiner Dienstherrin keinen Erfolg. Ein Ausgleich scheiterte daran, dass es keine Anordnung von Mehrarbeit gegeben hatte. Die Dienstherrin hatte die Leistung der Dienststunden, die über 38,5 Stunden pro Woche hinausgingen, lediglich als Teil der regelmäßigen Wochenarbeitszeit abverlangt. Der zusätzliche Dienst konnte mangels der gesetzlichen Voraussetzungen auch nicht nachträglich als Mehrarbeit genehmigt werden.

Obwohl aber eine Anordnung oder Genehmigung für Überstunden nicht vorgelegen hatte, sprach das Bundesverwaltungsgericht dem Beamten einen Ausgleichsanspruch zu. Eine ohne jeden Ausgleich bleibende Mehrbeanspruchung des Beamten über einen langen Zeitraum widerspreche nämlich Grundwertungen, die in den Vorschriften des beamtenrechtlichen Arbeitszeitrechts zum Ausdruck kämen. Eine kompensationslose Benachteiligung der mehrbeanspruchten Beamten wäre zudem mit dem sozialen Zweck der Arbeitszeitregelung einschließlich des Ausgleichs der Überbeanspruchung durch Dienstbefreiung schwerlich vereinbar. Nach Treu und Glauben sei die gesetzliche Regelung daher in einer Weise zu ergänzen, welche die beiderseitigen Interessen zu einem billigen Ausgleich bringe und dabei dem Sinn und Zweck der Arbeitszeitregelung gerecht werde (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 - 2 C 28/02 -).

Obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Überstundenausgleich im Einzelfall nicht vorliegen, kann es also angebracht sein, zu prüfen, ob gleichwohl ein solcher Anspruch unter Hinweis auf die Grundsätze von Treu und Glauben begründet werden kann.

<link file:217 _neuesfenster>aus Newsletter Beamtenrecht 4/2015

Münster, 30.10.2015

Annegret Lütje, Fachanwalt für Verwaltungsrecht