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Beamtenrecht: Sonderopfer für Beamte in höheren Ämtern im Rahmen der Besoldungsanpassung war nicht zulässig!

Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen hat am 01.07.2014 eine grundlegende Entscheidung zum Besoldungsrecht verkündet. Konkret geht es in dieser Entscheidung um die durch Gesetz angeordnete Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge für die Jahre 2013 und 2014. Durch das entsprechende Gesetz des Landtages waren die Grundgehälter für die Besoldungsgruppen A 2 bis A 10 um insgesamt 5,6 % angehoben worden. Für die Besoldungsgruppen A 11 und A 12 wurde die Erhöhung auf lediglich 2 % begrenzt. Für die Beamtinnen und Beamten ab der Besoldungsgruppe A 13 war überhaupt keine Besoldungsanpassung im Hinblick auf die Grundgehälter festgelegt worden. Diese Differenzierung hat der Verfassungsgerichtshof für verfassungswidrig erklärt. Die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen sind damit unwirksam.

Der Verfassungsgerichtshof weist in seiner Entscheidung darauf hin, dass der Gesetzgeber aufgrund des Alimentationsprinzips verpflichtet sei, die Bezüge der Beamten und Richter an eine positive Entwicklung der wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anzupassen. Dies ergibt sich im Übrigen bereits aus § 14 des übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat sich in einer kürzlich ergangenen Entscheidung in dieser Richtung geäußert. Zwar sei der Gesetzgeber nicht verpflichtet, die Tarifabschlüsse für die Arbeitnehmer im Öffentlichen Dienst spiegelbildlich zu übernehmen. Auch sei es grundsätzlich denkbar, eine Besoldungserhöhung nicht für alle Beamten und Richter in gleichem Umfang vorzunehmen. Insbesondere könne bei einer Überalimentation eine Korrektur erfolgen. Eine zeitlich unbefristete gestaffelte Anpassung mit Sprüngen zwischen den Besoldungsgruppen sei jedoch unzulässig.

Insbesondere hält der Verfassungsgerichtshof dem Gesetzgeber entgegen, dass sich aus der Begründung des Gesetzes zur Anpassung der Besoldung kein verfassungsrechtlich tragfähiger Grund für den vorgenommenen Ausschluss zahlreicher Besoldungsgruppen von der Erhöhung ergäbe. So habe der Gesetzgeber die unterlassene Besoldungsanpassung für die einzelnen Besoldungsgruppen gerade nicht mit einer Überalimentation der betreffenden Beamtinnen und Beamten begründet. Die vorgenommene Differenzierung der Besoldungsanpassung nach Besoldungsgruppen könne auch nicht mit unterschiedlichen Auswirkungen einer allgemeinen Teuerung gerechtfertigt werden. Vor dem Hintergrund dieser unzureichenden Begründung des Gesetzes ist der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis gelangt, dass das Gesetz verfassungswidrig ist.

Der Gesetzgeber wird daher über die Anpassung der Besoldung neu zu entscheiden haben. Hierbei räumt der Verfassungsgerichtshof dem Gesetzgeber einen weiten Ermessensspielraum ein. Allerdings wird man nach dieser Entscheidung von dem Gesetzgeber verlangen müssen, dass er etwaige Differenzierung im Rahmen der Anpassungsregelungen mit verfassungsrechtlich tragfähigen Argumenten begründet. Es bleibt daher abzuwarten, wie die Landesregierung, die die Gesetzgebungsvorhaben des Landtages vorbereitet, etwaige neue Gesetzesvorlagen begründen wird.

Ob der Gesetzgeber für die Zukunft und für die Vergangenheit nunmehr eine allgemeine Erhöhung der Besoldung für alle Besoldungsgruppen i. H. v. 5,6 % vornehmen wird, bleibt daher abzuwarten. Allerdings wird der Gesetzgeber zu beachten haben, dass zumindest für die Vergangenheit kein verfassungsrechtlich tragfähiger Grund für die Beibehaltung der Differenzierung besteht. Die Verwaltungsgerichte, bei denen zahlreiche Klagen von Beamtinnen und Beamten anhängig sind, werden nun zu entscheiden haben, ob sie für die Vergangenheit vor dem Hintergrund des Anspruchs auf Gleichbehandlung einen Anspruch auf Auszahlung einer Besoldung unter Berücksichtigung der Erhöhung von 5,6 % den Beamten zugestehen. Denkbar ist auch, dass die Verwaltungsgerichte lediglich Feststellungsurteile erlassen, aus denen sich ergibt, dass die Besoldung der betreffenden Klägerinnen und Kläger in der Vergangenheit fehlerhaft war.

Letztlich ist somit der Gesetzgeber gefordert. Es bleibt abzuwarten, wie und insbesondere wie schnell dieser reagieren wird.



Münster, 01.07.2014

Dr. Frank Schulze, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht