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Bundesverfassungsgericht erklärt die Vergabe von Führungspositionen lediglich in einem Beamtenverhältnis auf Zeit für verfassungswidrig

In einem von uns geführten Verfahren sowie in zwei weiteren Verfahren hat das Bundesverfassungsgericht am 19.06.2008 entschieden, dass die Vergabe von bestimmten Führungsämtern an Beamte lediglich in einem Beamtenverhältnis auf Zeit gegen das Grundgesetz verstößt. Das Bundesverfassungsgericht hat die entsprechenden gesetzlichen Regelungen im nordrhein-westfälischen Landesbeamtengesetz daher für verfassungswidrig erklärt.

Hintergrund des Verfahrens ist eine Regelung im nordrhein-westfälischen Landesbeamtengesetz, wonach bestimmte Führungspositionen (z.B. Schulleitungen an Gymnasien und Gesamtschulen) nur noch in einem Beamtenverhältnis auf Zeit vergeben werden. Nach der gesetzlichen Regelung ruht nach Vergabe der Führungsposition das eigentlich bestehende Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Nach dem Ablauf der 1. Amtszeit wird geprüft, ob der Beamtin/dem Beamten die Führungsposition noch einmal in einem Beamtenverhältnis auf Zeit für eine 2. Amtszeit übertragen wird. Beide Amtszeiten haben eine Gesamtzeit von zehn Jahren. Erst nach Ablauf der 2. Amtszeit besteht die Möglichkeit, diese Führungsposition der Beamtin/dem Beamten in dem ursprünglichen Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu übertragen. Sowohl nach Ablauf der 1. Amtszeit als auch nach Ablauf der 2. Amtszeit besteht die Möglichkeit, diese konkrete Führungsposition an eine andere Person zu vergeben. Die Beamtin/der Beamte fällt dann zurück auf das Beförderungsamt, das sie/er zuvor im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit inne hatte.

Das Grundgesetz verlangt jedoch, dass alle beamtenrechtlichen Regelungen nach den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zu gestalten sind. Einer dieser Grundsätze besagt, dass Beförderungsämter auf Lebenszeit übertragen werden. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts hat dieser Grundsatz eine entscheidende Bedeutung für die Erfüllung der dem Berufsbeamtentum vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgabe, eine stabile, an Recht und Gesetz orientierte Verwaltung im politischen Kräftespiel sicherzustellen. Die Übertragung eines Amtes auf Lebenszeit soll verhindern, dass bei der Anwendung und Umsetzung des geltenden Rechts durch die Beamtin/den Beamten sachwidrige Erwägungen angestellt werden. Die vom Land Nordrhein-Westfalen angeführten Argumente, mit denen die Notwendigkeit der Vergabe von Führungsämtern in einem Beamtenverhältnis auf Zeit dargelegt werden sollte, werden in dem Beschluss vollständig zurückgewiesen.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat zur Konsequenz, dass in Zukunft Führungsämter nicht mehr in einem Beamtenverhältnis auf Zeit vergeben werden dürfen. Vielmehr wird das entsprechende Amt – wie früher auch – in einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit vergeben. Beamtinnen und Beamte, denen ein Führungsamt erst vor kurzem in einem Beamtenverhältnis auf Zeit verliehen worden ist, können hiergegen jetzt noch ein Rechtsmittel einlegen. Die Rechtsmittelfrist läuft im Regelfall ein Jahr nach der Ernennung ab. Beamtinnen und Beamte, denen ein Beförderungsamt in einem Beamtenverhältnis auf Zeit schon vor länger als einem Jahr verliehen worden ist, sollten einen Antrag auf sofortige unbefristete Vergabe dieses Beförderungsamtes stellen. Über diesen Antrag muss ermessensfehlerfrei entschieden werden. Eine Entscheidung die einen verfassungswidrigen Zustand auch für die Zukunft festschreiben würde, wäre ermessensfehlerhaft.

Münster, 19.06.2008

Dr. Frank Schulze, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht