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Keine Verpflichtung eines Beamten zur pauschalen ärztlichen Schweigepflichtentbindung

 

Im Rahmen einer von seinem Dienstherrn angeordneten amtsärztlichen Untersuchung stellt sich für einen Beamten häufig die Frage, ob und in welchem Umfang er die ihn behandelnden Ärzte gegenüber dem Amtsarzt von der Schweigepflicht befreien muss. Häufig werden dem Beamten Erklärungen vorgelegt, in denen pauschal sämtliche den Beamten vorbehandelnden Ärzte, gleich welcher Fachrichtung, von der Schweigepflicht entbunden werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Beschluss vom 21.02.2014 entschieden, dass eine derartige Verpflichtung eines Beamten nicht besteht.

 

Das Bundesverwaltungsgericht hatte in einem Verfahren eine Entscheidung zu treffen, in dem die Vorinstanz die beabsichtigte Beweiserhebung durch Einholung eines ärztlichen Gutachtens von einer umfassenden Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht durch den Beamten abhängig gemacht hatte. Das Bundesverwaltungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Forderung einer derart umfassenden Erklärung unverhältnismäßig und rechtswidrig gewesen sei. Das Gericht habe zum Zeitpunkt der Beweisanordnung nicht wissen können, ob der von ihm zur erneuten psychiatrischen Untersuchung und Begutachtung des dortigen Klägers beauftragte Sachverständige die Beiziehung weiterer ärztlicher Unterlagen überhaupt für erforderlich gehalten hätte. Unklar bleibe auch, welche Unterlagen dies konkret gewesen wären, wenn die Erforderlichkeit bejaht worden wäre. Zudem hätte der Sachverständige auf die ärztlichen Stellungnahmen, die sich bereits in den Akten befanden, zurückgreifen können. Eine pauschale Aufforderung, sämtliche vorbehandelnden Ärzte gleich welcher Fachrichtung von der Schweigepflicht zu entbinden, sei daher von dem Untersuchungszweck nicht gedeckt.

 

Diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hat nicht nur Wirkungen für Schweigepflichtentbindungen im Rahmen von gerichtlichen Beweiserhebungen, sondern auch für Fälle, in denen noch gar kein gerichtliches Verfahren anhängig ist, sondern der Amtsarzt oder der Dienstherr eine pauschale Schweigepflichtentbindung von dem Beamten verlangt. Eine derartige Erklärung braucht nicht abgegeben zu werden. Vielmehr muss konkret im Einzelfall begründet werden, für welche Ärzte und aus welchen Gründen eine Schweigepflichtentbindung benötigt wird. Soweit das Verlangen dann aber begründet ist, muss die Erklärung auch abgegeben werden. Wird dagegen von dem Amtsarzt oder dem Dienstherrn ein konkreter Zusammenhang zwischen dem Untersuchungszweck und einer zu erwartenden Auskunft des Arztes nicht dargelegt, kann der Beamte die Erklärung verweigern.

 

Allerdings ist zu bedenken, dass die Frage, ob ein derartiger konkreter Zusammenhang besteht, auch eine rechtliche Wertung verlangt. Hieraus ergibt sich ein Risiko für den Beamten, der die Erklärung verweigert. Sinnvoll ist es daher, sich Bedenkzeit zu erbitten und sich anschließend vor einer Entscheidung rechtlich beraten zu lassen. Wird die Schweigepflichtentbindungserklärung nämlich grundlos verweigert, kann der Dienstherr dem Beamten eine so genannte Beweisvereitelung unterstellen und dies zum Anlass nehmen, beispielsweise die im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung zu klärende Frage einer dauernden Dienstunfähigkeit als im Sinne des Dienstherrn beantwortet zu unterstellen. Dies bedeutet dann, dass eine Versetzung in den Ruhestand auch gegen den Willen des Beamten erfolgen kann. Die Weigerung, eine Schweigepflichtentbindungserklärung abzugeben, kann somit erhebliche rechtliche Konsequenzen haben und sollte daher erst nach sorgfältiger Prüfung und Beratung erfolgen.

 

 

aus Newsletter Beamtenrecht 3/2014

 

 

Münster, 02.04.2014

Dr. Frank Schulze, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht