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Beamtenrecht: Frühere Besoldung auf der Grundlage des Besoldungsdienstalters verstieß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung!

In der Vergangenheit war für die Berechnung der Besoldung der Beamtinnen und Beamten im Wesentlichen maßgeblich das Besoldungsdienstalter. Personen, die in einem höheren Lebensalter in das Beamtenverhältnis übernommen worden waren, erhielten daher ein höheres Grundgehalt als diejenigen, die zum gleichen Zeitpunkt aber mit einem niedrigeren Lebensalter in das Beamtenverhältnis eintraten. Auf Bundesebene wurde durch das Dienstrechtsneuordnungsgesetz vom 05.02.2009 die Besoldung neu geregelt. Es wurden so genannte Erfahrungsstufen eingeführt, mit denen die Eingruppierung in die verschiedenen Stufen des Grundgehalts auf der Grundlage der in dem Beruf bisher gewonnenen Erfahrung und nicht mehr nach dem Besoldungsdienstalter vorgenommen wird. In Nordrhein-Westfalen wurde eine entsprechende Regelung durch das Dienstrechtsanpassungsgesetz vom 16.05.2013 eingeführt. Bereits in unserem Newsletter Beamtenrecht aus Juli 2013 haben wir auf zahlreiche Rechtsprobleme hingewiesen, die sich aus diesem Übergang vom alten zum neuen Besoldungsrecht ergeben haben. Nunmehr hat der Europäische Gerichtshof am 19.06.2014 eine Entscheidung verkündet, aus der sich wiederum neue Aspekte ergeben.

Der Gerichtshof stellt zunächst fest, dass die frühere Besoldungsregelung, wonach das Grundgehalt auf der Grundlage des Besoldungsdienstalters berechnet wurde, gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstoßen hat. Folglich wurden die Gehälter auf Bundesebene bis zum Inkrafttreten des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes im Jahre 2009 und in Nordrhein-Westfalen bis zum Inkrafttreten des Dienstrechtsanpassungsgesetzes im Jahre 2013 fehlerhaft berechnet. Damit wird die Rechtsprechung von zahlreichen Verwaltungsgerichten, die ebenfalls eine Altersdiskriminierung angenommen haben, bestätigt.

Ferner hat der Gerichtshof sich zu der Frage geäußert, wie das Überleitungsrecht vom alten zum neuen Besoldungsrecht auszugestalten ist. Konkret ging es um eine Regelung im Bundesland Berlin, nach der die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung vorhandenen Beamten der Erfahrungsstufe zugeordnet wurden, die ihrem damaligen, aktuellen Grundgehalt entsprach. Einige Kläger hatten argumentiert, dass hierdurch für diese Beamten die sich aus der Festsetzung des Grundgehalts nach dem Besoldungsdienstalter ergebenden Vorteile perpetuiert würden. Dies hätte auf der anderen Seite zur Konsequenz, dass viele andere Beamte gegenüber diesen „Bestandsbeamten" weiterhin wegen des Alters diskriminiert würden. Dem ist der Gerichtshof nicht gefolgt. Grundsätzlich wird das Recht der "Bestandsbeamten" an der Wahrung ihres Besitzstandes anerkannt. Aus diesem Grunde sei die Übergangsregelung von einem legitimen Ziel gerechtfertigt. Im Ergebnis hat der Gerichtshof somit die Übergangsregelung nicht beanstandet.

Schließlich war dem Gerichtshof die Frage vorgelegt worden, ob Beamtinnen und Beamte einen Schadenersatzanspruch haben, weil sie in der Vergangenheit oder auf der Grundlage einer Übergangsregelung auch jetzt noch aufgrund ihres Alters diskriminiert worden sind bzw. werden. Insoweit hat der Gerichtshof keine eindeutige abschließende Entscheidung getroffen sondern vielmehr darauf verwiesen, dass diese Frage von den nationalen Gerichten zu beantworten sei. Allerdings gibt er einige Hinweise zur Auslegung des Europäischen Rechts. So vertritt der Gerichtshof die Auffassung, dass die Regelungen des Unionsrechts nicht der Rechtsprechung zahlreicher Verwaltungsgerichte in Deutschland entgegenstehe, wonach Beamtinnen und Beamte Schadenersatz wegen der Rechtswidrigkeit ihrer Besoldung nur dann verlangen können, wenn diese Rechtswidrigkeit in dem Haushaltsjahr, in dem die Besoldung fehlerhaft war, auch geltend gemacht worden ist. Ferner deutet der Gerichtshof an, dass eine Haftung aufgrund der rechtswidrigen Besoldung möglicherweise erst ab dem 08.09.2011 greifen könnte, weil zu diesem Zeitpunkt eine Entscheidung des Gerichtshofs ergangen ist, die zwar eine Altersdiskriminierung bei der Vergütung von Angestellten im Öffentlichen Dienst zum Gegenstand hatte, aus der sich aber klar und präzise ergeben habe, dass auch die beamtenrechtlichen Besoldungsregelungen zum damaligen Zeitpunkt, soweit sie zur Berechnung des Grundgehaltes auf das Besoldungsdienstalter abstellten, gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstoßen haben. Letztlich haben dies allerdings die nationalen Gerichte zu entscheiden.

Bei den deutschen Verwaltungsgerichten sind zahlreiche Verfahren anhängig, die sich mit diesen Problemen befassen. Diese Verfahren haben in den vergangenen Monaten geruht, da man die Entscheidung des Gerichtshofs abwarten wollte. Die Verwaltungsgerichte werden nun die Verfahren wieder aufnehmen und vor dem Hintergrund der Ausführungen des Gerichtshofs über die angemeldeten Schadenersatzansprüche zu entscheiden haben. Sobald obergerichtliche Rechtsprechung hierzu vorliegt, werden wir hierüber in unserem Newsletter Beamtenrecht berichten.



Münster, 01.07.2014

Dr. Frank Schulze, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht