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Bundesverwaltungsgericht entscheidet über das Einstellungshöchstalter für Beamte

In einem von uns geführten Verfahren hat das Bundesverwaltungsgericht am 19.02.2009 eine Entscheidung in einem Fall verkündet, in dem der Mandantin die Übernahme in das Beamtenverhältnis verweigert worden war mit der Begründung, sie habe das Einstellungshöchstalter am Tage der Antragstellung überschritten.

Nach Realschule, Abschluss einer Ausbildung und anschließendem Besuch des Abendgymnasiums entschloss sich die Mandantin Lehrerin zu werden. Das Studium wurde erfolgreich abgeschlossen. Die anschließende Referendarzeit endete mit dem Zweiten Staatsexamen. Eine unbefristete Stelle als Lehrerin war jedoch nicht zu bekommen. Vier Jahre musste sie zunächst mehrere befristete Arbeitsverträge akzeptieren. Als sie dann endlich eine unbefristete Stelle erhielt, war die Freude dennoch getrübt. Eine Übernahme in das Beamtenverhältnis wurde nämlich von der Bezirksregierung abgelehnt, da sie das Einstellungshöchstalter von 35 Jahren um zwei Jahre überschritten hatte. Die Mandantin arbeitet seit dem als Lehrerin im Angestelltenverhältnis.

Nachdem die Europäische Union in der Antidiskriminierungsrichtlinie eine Diskriminierung wegen Alters verboten hatte, schöpfte sie neue Hoffnung und beantragte erneut ihre Übernahme in das Beamtenverhältnis. Auch dieser Antrag wurde von der Bezirksregierung abgelehnt. Hiermit gab sich die Mandantin jetzt aber nicht zufrieden, sondern reichte Klage ein. Nachdem das Verwaltungsgericht Minden die Klage abgewiesen und das Oberverwaltungsgericht in Münster die Berufung zurückgewiesen hatten, wurde am 19.02.2009 vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Sache verhandelt. Jetzt kann sich die Mandantin über einen schönen Erfolg freuen. Das Bundesverwaltungsgericht hob nämlich die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Minden und des Oberverwaltungsgerichts Münster auf und verpflichtete die Bezirksregierung über den Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis neu zu entscheiden. Bei dieser Entscheidung darf das Alter der Lehrerin nun keine Rolle mehr spielen. Sie wird sich nur noch - wie jeder andere Bewerber auch - einer amtsärztlichen Untersuchung unterziehen müssen.

Das Bundesverwaltungsgericht rügt in seiner Entscheidung die Verwaltungspraxis des Landes Nordrhein-Westfalen in den vergangenen Jahren. In der Zeit von 2001 bis 2006 hat das Land nämlich auf der Grundlage des so genannten Mangelfacherlasses in zahlreichen Fällen Lehrerinnen und Lehrer, die das Einstellungshöchstalter überschritten hatten, dennoch in ein Beamtenverhältnis übernommen, weil sie die Lehrbefähigung für so genannte Mangelfächer hatten. Dieser Mangelfacherlass beruhte auf einer Ausnahmegenehmigung in der Laufbahnverordnung. Diese Ausnahmeregelung legt keine konkreten Grenzen für Ausnahmen von der Höchstaltersgrenze fest. Vielmehr wird der Verwaltung insoweit "freie Hand" gelassen. Diese gesetzliche Konstruktion hält das Bundesverwaltungsgericht für unzulässig. Aus diesem Grunde könne einen Bewerber das Einstellungshöchstalter nicht entgegengehalten werden.

Darüber hinaus vertritt das Bundesverwaltungsgericht in der Entscheidung die Auffassung, dass das Einstellungshöchstalter nicht zu einer Altersdiskriminierung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes und der Antidiskriminierungsrichtlinie der Europäischen Union führe. Diese für alle angestellten Lehrerinnen und Lehrer enttäuschende Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts führt aber nicht dazu, dass die Frage, ob generell das Einstellungshöchstalter für Lehrerinnen und Lehrer von 35 Jahren in Nordrhein-Westfalen zulässig ist, vom Tisch ist. Zurzeit ist nämlich ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof anhängig, in dem die Frage des Einstellungshöchstalters problematisiert wird. Der Europäische Gerichtshof wird sich voraussichtlich Ende 2009/Anfang 2010 zu dieser Frage äußern.

Münster, 25.02.2009

Dr. Frank Schulze, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht