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Bundesverwaltungsgericht reduziert die Anforderungen an die gesundheitliche Eignung für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis

Wer in das Beamtenverhältnis übernommen werden will, hat seine gesundheitliche Eignung nachzuweisen. Unter welchen Voraussetzungen eine gesundheitliche Eignung anerkannt bzw. verneint werden kann, besagt das Gesetz nicht. In der Rechtsprechung war es seit Jahrzehnten anerkannt, dass eine gesundheitliche Eignung nur dann vorliegt, wenn der Eintritt einer dauernden Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Diese Rechtsprechung hatte zur Konsequenz, dass Bewerber schon deshalb von dem Zugang zum Beamtenverhältnis ausgeschlossen wurden, weil der gesundheitliche Zustand vom Regelzustand abwich. In einem derartigen Fall war ein Amtsarzt aber in der Regel nicht mehr bereit, eine dauernde Dienstunfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit auszuschließen.

Diese Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht nun aufgegeben. Zu Recht weist es in seiner Entscheidung vom 25.07.2013 darauf hin, dass angesichts des sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraums und der Komplexität der medizinischen Prognosen Entscheidungen über die gesundheitliche Eignung eines Beamtenbewerbers mit erheblichen Unsicherheiten verbunden sind. Dies gelte nicht nur in Bezug auf die Einschätzung der gesundheitlichen Entwicklung, sondern auch im Hinblick auf den medizinischen Fortschritt. Künftige Präventions- oder Heilmethoden könnten heute noch nicht mit in die Prognoseentscheidung einbezogen werden. Vielfach seien auch die Wechselwirkung und damit die Ursächlichkeit einzelner Faktoren für das Risiko schwerwiegender Symptombildungen noch nicht sicher erforscht. Ferner weist das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass nach den derzeitigen Erkenntnissen nicht davon ausgegangen werden könne, dass die vorzeitige Dienstunfähigkeit in nennenswertem Umfang auf Krankheiten zurückzuführen sei, die man im Zeitpunkt der Einstellungsentscheidung hätte vorhersagen können. Regelmäßig gehe die vorzeitige Dienstunfähigkeit vielmehr auf erst nachträglich eingetretene Umstände zurück. Eine entsprechende Prognosebeurteilung setze zudem eine hinreichende Tatsachenbasis voraus. Eine bei einem Bewerber zum Zeitpunkt der Einstellungsuntersuchung vorhandene gesundheitliche Eignung könne im Hinblick auf künftige Entwicklungen nur verneint werden, wenn durch tatsächliche Anhaltspunkte belegt werden könne, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt einer Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze auszugehen sei.

Entscheidend für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung bleibt folglich weiterhin eine Prognose dahingehend, ob der Bewerber bis zum Erreichen der Altersgrenze vorzeitig dienstunfähig werden wird. Allerdings wird nun nicht mehr eine mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit als Maßstab für diese Prognose zugrunde gelegt. Maßgebend ist jetzt vielmehr eine überwiegende Wahrscheinlichkeit. Damit haben sich die Anforderungen an die von dem Amtsarzt zu treffende Prognose erheblich zu Gunsten der Bewerber verändert. Im Ergebnis sind damit die Anforderungen an die gesundheitliche Eignung für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis reduziert worden.

Damit ist das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung noch über eine Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hinausgegangen, in der zumindest für Bewerber, bei denen eine Behinderung vorliegt, lediglich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür verlangt wurde, dass sie nicht vorzeitig wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand treten. Diesen Maßstab will das Bundesverwaltungsgericht nun auf alle Bewerber anwenden, unabhängig davon, ob sie behindert sind oder nicht. Allerdings wählt das Bundesverwaltungsgericht für behinderte Bewerber einen anderen Ansatzpunkt für die Prüfung der gesundheitlichen Eignung. Während nämlich üblicherweise ein Bewerber seine körperliche Eignung für die gesamte Laufbahn mit allen zu ihr gehörenden Ämtern und diesen zugeordneten Dienstposten nachzuweisen hat, soll es nun für behinderte Bewerber ausreichend sein, dass diese in der entsprechenden Laufbahn auf einem einzigen Dienstposten, der in der Behörde vorhanden ist, eingesetzt werden können. Es reicht somit aus, wenn der behinderte Bewerber überhaupt in irgendeiner Form amtsangemessen beschäftigt werden kann.

Diese neue Rechtsprechung hat nicht nur Auswirkungen für diejenigen Bewerberinnen und Bewerber, die sich in Zukunft um eine Aufnahme in das Beamtenverhältnis bemühen. Auch diejenigen, bei denen in der Vergangenheit ein Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis abgelehnt worden ist, haben vor dem Hintergrund dieser geänderten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nun die Möglichkeit, einen neuen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis zu stellen, wenn Sie jetzt das gesetzlich festgelegte Einstellungshöchstalter noch nicht überschritten haben.



Münster, 02.04.2014

Dr. Frank Schulze, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht