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Bundesverfassungsgericht setzt Gesetzgebern Grenzen für Eingriffe in die Besoldung

Die Löcher in den Haushalten des Bundes und der Bundesländer - gerade auch in NRW - sind groß. Ein großer Teil der Haushaltsmittel wird für die Besoldung der Beamten und Zahlung der Ruhegehälter der Ruhestandsbeamten und deren Hinterbliebenen benötigt. Daher ist die Versuchung für den Gesetzgeber groß, durch gesetzliche Eingriffe in die Besoldung und die Besoldungsstruktur sowie in das Versorgungsrecht Haushaltsmittel einzusparen. So ist in der Vergangenheit eine neue Besoldungsstruktur für die Besoldung von Professoren mit extrem niedrigen Einstiegsgehältern eingeführt worden, bei der Besoldungsanpassung in NRW wurden bestimmte Besoldungsgruppen ausdrücklich ausgenommen, die Besoldung von teildienstfähigen Beamten unterscheidet sich von dem Ruhegehalt eines Beamten mit vergleichbaren ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten entgegen der besoldungsrechtlichen Vorgabe nur unwesentlich. In all diesen Fällen hat die Rechtsprechung die entsprechende gesetzliche Regelung für unwirksam angesehen. Da aber zu erwarten ist, das der Gesetzgeber trotz dieser und anderer Entscheidungen in der Vergangenheit auch in Zukunft wieder versuchen wird, Haushaltslöcher durch Einsparungen bei der Besoldung und den Pensionen zu stopfen, hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nun Regeln aufgestellt, die der Gesetzgeber zu beachten hat, wenn er derartige Eingriffe plant.

Diese Regeln beziehen sich auf das Gesetzgebungsverfahren. Hier sind in Zukunft bestimmte Begründungspflichten zu beachten. Das BVerfG spricht hier von "prozeduralen Anforderungen". Da das grundrechtsgleiche Recht auf Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation keine quantifizierbaren Vorgaben im Sinne einer exakten Besoldungshöhe liefere, bedürfe es prozeduraler Sicherungen. Diese würden die Schwierigkeit kompensieren, das verfassungsrechtlich gebotene Besoldungsniveau anhand materieller Kriterien zu bestimmen. Zudem stelle diese prozedurale Absicherung einen Ausgleich dafür dar, dass die Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses einschließlich der Festlegung der Besoldungshöhe der Regelungskompetenz des Gesetzgebers unterliege. Insofern entfaltet die prozedurale Dimension des Alimentationsprinzips eine Schutz- und Ausgleichsfunktion. Eingriffe in die Besoldungsstruktur und in das Versorgungsrecht sind daher gerade auch im Hinblick auf mögliche Belastungen des Haushalts, die vermieden werden sollen, durch eine konkrete Berechnung der befürchteten Belastungen für den Haushalt zu begründen. Erst wenn dieses Zahlenwerk vorliegt, setzt das sogenannte gesetzgeberische Ermessen ein.

Diese Rechtsprechung des BVerfG hat beispielsweise das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (Urteil vom 09.06.2015 - 5 KN 148/14) zum Anlass genommen, eine Regelstundenerhöhung für beamtete Lehrkräfte an Gymnasien in Niedersachsen für unwirksam zu erklären, weil der Niedersächsische Gesetzgeber nicht dargelegt hatte, welche Arbeitsbelastung die entsprechenden Lehrkräfte tatsächlich haben. Schließlich kann der Eingriff in die Besoldungsstruktur auch durch eine Ausdehnung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich erfolgen. In NRW werden die Verwaltungsgerichte zu prüfen haben, ob auch bei der Einführung eines Einstellungshöchstalters für die Übernahme in das Beamtenverhältnis diese prozedurale Anforderungen zu beachten waren und ob dies in ausreichendem Umfang geschehen ist. In den von uns geführten Verfahren haben wir diese Frage aufgeworfen und hierzu umfassend vorgetragen.

<link http: www.meisterernst.de newsletter mdm-newsletter-2016-01.html _blank beamtenrecht>aus Newsletter Beamtenrecht 01/2016

Münster, 02.05.2016

Dr. Frank Schulze, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht