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Beamtenrechtliche Beurteilung auch für Zeiten der Kinderbetreuung!

Auch wenn sich eine Beamtin im Beurteilungszeitraum in der Elternzeit befunden hat oder zum Zwecke der Kinderbetreuung beurlaubt war, ist eine Beurteilung zu erstellen. Der Umstand, dass innerhalb des Beurteilungszeitraums keine dienstliche Tätigkeit ausgeübt wurde, ändert hieran nichts. Vielmehr ist die letzte dienstliche Beurteilung vom Dienstherrn fiktiv fortzuschreiben. Diese sogenannte Nachzeichnung soll verhindern, dass der Beamtin Nachteile aus der zeitlich begrenzten Unterbrechung der Berufstätigkeit zum Zwecke der Kinderbetreuung erwachsen.

Diese Verpflichtung zur Erstellung einer Beurteilung ergibt sich für den Dienstherrn auch dann, wenn eine ausdrückliche beamtenrechtliche Regelung für diesen Fall nicht vorhanden ist. Die Rechtsprechung – zuletzt Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in einem Beschluss vom 05.10.2012 (1 B 681/12) – leitet diese Verpflichtung des Dienstherrn ab aus dem Diskriminierungsverbot sowie aus einer Parallelwertung zur gesetzlichen Verpflichtung, Personalratsmitglieder und Gleichstellungsbeauftragte, die vom Dienst freigestellt sind, genau in dieser Form für die Zeit der Dienstbefreiung zu beurteilen.

Die Fortschreibung einer dienstlichen Beurteilung aus der Zeit vor der Dienstbefreiung ist allerdings schwierig und fehlerträchtig. Der Dienstherr muss den beruflichen Werdegang der Beamtin wie den Werdegang vergleichbarer Kolleginnen und Kollegen behandeln, die weder freigestellt noch beurlaubt sind. Dies bedeutet, dass der Dienstherr ausgehend von der letzten dienstlichen Beurteilung eine Vergleichsgruppe mit solchen anderen Beamtinnen und Beamten bilden muss, die zum selben Zeitpunkt (Beginn des Beurteilungszeitraums) derselben Besoldungsgruppe angehörten, eine vergleichbare Tätigkeit ausgeübt haben und vergleichbar beurteilt worden sind. Sodann ist zu ermitteln, wie sich diese Beamten durchschnittlich seitdem weiterentwickelt haben. In diesem Maße darf unterstellt werden, dass auch diejenige Beamtin, deren beruflicher Werdegang fiktiv nachzuzeichnen sei, sich entwickelt hat. Für diese Bewertung verlangt die Rechtsprechung eine belastbare Tatsachengrundlage. Hierzu gehöre die frühere dienstliche Tätigkeit der Beamtin sowie die in diesem Zusammenhang erstellten Beurteilungen. Denkbar wäre auch, solche Erkenntnisse zu berücksichtigen, die bzgl. einer Tätigkeit während des Beurteilungszeitraums in der Privatwirtschaft bestünden.

Bewirbt sich eine Beamtin somit für einen Beförderungsdienstposten, kann ihr nicht entgegengehalten werden, dass sie für die Stelle nicht berücksichtigt werden könne, da sie im Rahmen des letzten Beurteilungszeitraums für die Kinderbetreuung beurlaubt war und deswegen für sie keine Beurteilung vorliege. Vielmehr kann die Beamtin verlangen, dass für sie eine Beurteilung in der oben dargestellten Art und Weise erstellt wird. Diese ist dann im Rahmen der Auswahlentscheidung auch zu berücksichtigen.

Münster, 09.07.2013

Dr. Frank Schulze, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht