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Anlassbeurteilung zusätzlich zur Regelbeurteilung?

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in einer Entscheidung vom 22.11.2012 – 2 VR 5.12 – mit einem Fall befasst, in dem der Dienstherr im Rahmen der Auswahlentscheidung zur Besetzung eines Beförderungsdienstpostens neben den vorhandenen Regelbeurteilungen, die in der Behörde alle drei Jahre für alle Beamten erstellt wurden, zusätzlich Anlassbeurteilungen für die Bewerber erstellt hatte. Das Bundesverwaltungsgericht stellt zunächst fest, dass grundsätzlich die Regelbeurteilung Grundlage für die Auswahlentscheidung des Dienstherrn zu sein hat. Sie allein gewährleiste mit gleichen Beurteilungszeiträumen ein Höchstmaß an Chancengleichheit. Gleichwohl sei es in dem konkreten Verfahren nicht zu beanstanden, dass der Dienstherr für alle in die Auswahlentscheidung einzubeziehenden Beförderungsbewerber Anlassbeurteilungen erstellt habe. Dies sei gerechtfertigt gewesen, weil mehrere Beamte erst nach der Regelbeurteilung die laufbahnrechtlich vorgeschriebene Probezeit auf dem höherwertigen Dienstposten absolviert und damit die Beförderungsreife erlangt hätten. Für diese Beamten wären die vorhergehenden Regelbeurteilungen nicht mehr hinreichend aktuell, um Grundlage für eine Auswahlentscheidung zu sein. Darüber hinausgehend wird man auch in denjenigen Fällen, in denen für bestimmte Bewerber keine Regelbeurteilungen aufgrund der Überschreitung der Altersgrenze erstellt worden sind, die Erstellung von Anlassbeurteilungen für zulässig erachten müssen. Allerdings müssen dann auch diejenigen Bewerber, die eine Regelbeurteilung erhalten haben, nochmals zusätzlich im Rahmen einer Anlassbeurteilung beurteilt werden.

Allerdings gelten für diejenigen Beamten, die eine eigentlich noch gültige Regelbeurteilung haben, besondere Grundsätze bei der Erstellung der zusätzlichen Andersbeurteilung. Diese ist nämlich aus der vorhandenen Regelbeurteilung zu entwickeln. Hiergegen wird häufig verstoßen. Ausgangspunkt der Anlassbeurteilung haben nach den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich die in der vorherigen Regelbeurteilung enthaltenen Feststellungen und Bewertungen zur Eignung, Leistung, Befähigung zu sein. Die Anlassbeurteilung habe ihren Schwerpunkt darin, aufzuzeigen, ob und inwieweit bei einzelnen Feststellungen und Bewertungen Veränderungen zu verzeichnen seien. Dieser Maßstab müsse in der Anlassbeurteilung hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen. Je kürzer der Beurteilungszeitraum zwischen Regel- und Anlassbeurteilung sei und je größer der Unterschied zur Regelbeurteilung in den Bewertungen – sei es bei Leistungssteigerungen oder bei Leistungsabfall – ausfalle, desto bedeutsamer sei das Begründungserfordernis bei Abweichungen der Anlassbeurteilung von der Regelbeurteilung.

Personalabteilungen, die über zusätzliche Anlassbeurteilungen die Auswahlentscheidung steuern wollen, ist mit dieser Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts eine Grenze aufgezeigt worden. Beamtinnen und Beamte, die im Rahmen eines Auswahlverfahrens eine zusätzliche Anlassbeurteilung erhalten, die beispielsweise zu einem schlechteren Ergebnis gelangt als die vorhergehende Regelbeurteilung, sollten die Anlassbeurteilung sehr genau daraufhin kontrollieren, ob die negativen Abweichungen von der Regelbeurteilung ausreichend begründet sind. Andernfalls kann die Anlassbeurteilung angefochten und die Ernennung des ausgewählten Bewerbers verhindert werden.

Münster, 07.10.2013

Dr. Frank Schulze, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht