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Über das unselige Wirken „christlicher“ Gewerkschaften und ihre Förderung durch Unternehmer - dargestellt am Beispiel der Leiharbeit, des Deutschen Roten Kreuzes und der Genossenschaftsbanken

Bekanntlich hatte sich eine gemeinsame Initiative von DGB und BDA dafür ausgesprochen, gesetzlich anzuordnen, dass in einem Betrieb nur ein Tarifvertrag gelten könne. Anlass war die zunehmende Aktivität von Spartengewerkschaften. Den Marburger Bund als Organisation von Krankenhausärzten kannte man bereits länger. Spektakulär ins Visier der Öffentlichkeit geriet dann die Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL), die durch den Lokführerstreik 2009 eindrucksvoll bewies, dass sie gegenüber den Arbeitgebern durchsetzungsfähig und gleichzeitig eine ernsthafte Konkurrenz für die DGB-Gewerkschaft EVG (früher: transnet) ist. Die Angst vor sich gegenseitig hochschraubenden Tarifforderungen veranlasste die Arbeitgeber, sich für die sog. Tarifeinheit auszusprechen, wonach nur ein Tarifvertrag im Betrieb gilt und nur eine Gewerkschaft dafür streiken dürfe. Der DGB schloss sich dem an, vor allem weil man einen Machtverlust der DGB-Gewerkschaften durch Zersplitterung befürchtet. So kam es zur Sommer-Hundt-Initiative. Als gemeinsame Initiative ist sie mittlerweile vom Tisch, nachdem sich die Verdi-Basis dagegen ausgesprochen hatte und der Verdi-Gewerkschaftsrat dem gefolgt ist. Die gesetzliche Verankerung der Tarifeinheit stoße „auf erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken“.

Tatsächlich werden die kritischen Gewerkschaftsmitglieder sich kaum vom Verfassungsrecht haben leiten lassen. Im Betrieb haben sie andere Fragen. Und sollten sie dennoch das Grundgesetz studieren, so werden sie dort zwar finden, dass man frei ist, Gewerkschaften zu gründen. Die Verfassungsgeber des Jahres 1949 gingen dabei wie selbstverständlich von starken Gewerkschaften aus. Durch viele Mitglieder legitimiert und arbeitskampffähig zugleich sollten sie die Verhandlungsschwäche des einzelnen Arbeitnehmers ausgleichen und zusammen mit den Arbeitgebern die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen in kollektiven Vereinbarungen (Tarifverträge) regeln. Dies wiederum sollte es dem Staat erlauben, sich grundsätzlich aus den Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer herauszuhalten. In der Gleichgewichtigkeit der Tarifpartner sah man die Grundlage für Gerechtigkeit in der Arbeitswelt. Wie viel Tarifverträge aber in einem Betrieb gelten dürfen und ob ein Arbeitgeber von konkurrierenden Gewerkschaften gleich mehrfach bestreikt werde darf, davon steht in der Verfassung nichts. Hier einen Regelungsbedarf zu erkennen, lag außerhalb des Erfahrungskreises der Mütter und Väter des Grundgesetzes. Was bewegte nun jüngst die Verdi-Basis und welche Erfahrungen hatte man gemacht, um die Gesetzesinitiative zur sog. Tarifeinheit abzulehnen? Irgendeine allgemeine Sympathie für die Spartengewerkschaften als Konkurrenzorganisationen kann es kaum gewesen sein.... [kompletter Artikel als PDF herunterladen]

Münster, 07.09.2011

Dietrich Manstetten, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht