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Maßnahmen und Pflichten des Arbeitgebers zur Umsetzung des Antidiskriminierungsgesetzes; Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Ziffer 1 BetrVG

Nach § 12 Abs. 1 AGG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die "erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen ... zu treffen". Damit soll den in § 1 des AGG genannten unzulässigen Diskriminierungen vorgebeugt werden.

1.

Wie der Arbeitgeber dieser Verpflichtung nachkommen soll, sagt das Gesetz nicht. Es wird lediglich in § 12 Abs. 2 AGG auf eine Möglichkeit hingewiesen, die dem Arbeitgeber zur Erfüllung der Verpflichtung zur Verfügung steht: Dort hat der Gesetzgeber geregelt, dass der Arbeitgeber in "geeigneter Weise, insbesondere im Rahmen der beruflichen Aus- und Fortbildung, auf die Unzulässigkeit solcher Benachteiligungen hinweisen ... soll ...". Wenn er entsprechende Schulungen zur Verhinderung von Benachteiligungen durchgeführt hat, so gilt damit seine Verpflichtung nach § 12 Abs. 1 als erfüllt.

Damit wird klar gestellt, dass die Schulung nur eine Möglichkeit ist, den entsprechenden Schutz vor Benachteiligungen sicher zu stellen. Es kann auch anders vorgegangen werden. Es sind auch andere Maßnahmen denkbar, die ergänzend zu Schulungen hinzu kommen. Man kann sich schriftliche Informationen an die Belegschaft vorstellen. Dieser Weg ist bereits von vielen Arbeitgebern gewählt worden. Zu denken wäre an Referate oder Rollenspiele auf Betriebsversammlungen.

Auch ein "Mix" verschiedener Maßnahmen kommt in Betracht. Vor allem aber wünscht man sich solche Maßnahmen, die nicht lediglich als "lästiges Pflichtprogramm" verstanden werden. Die Belegschaft sollte nicht das Gefühl haben, dass ihr ein "Oberlehrer" gegenüber tritt.

2.

Offensichtlich geht es bei diesen vorbeugenden Maßnahmen nicht um die Erfüllung der Arbeitspflicht, sondern um das Zusammenleben und das Miteinander im Betrieb. Insoweit geht es um "Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer" im Sinne von § 87 Abs. 1 Ziffer 1 BetrVG. Bei der Umsetzung der gesetzlichen Verpflichtung eröffnet das Gesetz den Arbeitgebern den oben beschriebenen Spielraum. Damit hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht, das auch ein Initiativrecht einschließt.

Arbeitgeber und Betriebsrat müssen folglich gemeinsam entscheiden, in welcher Weise der Verpflichtung zum Treffen vorbeugender Maßnahmen Nach § 12 Abs. 1 AGG nachgekommen wird. Darüber sollte eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden, da die Angelegenheit nicht mit einer einmaligen Aktion abgeschlossen ist, sondern auch in Zukunft regelmäßig wieder aufgegriffen werden muss - z. B. im Hinblick auf den Eintritt neuer Mitarbeiter.

Das Mitbestimmungsrecht erfasst auch die Festlegung der "zuständigen Stelle des Betriebs", die nach § 13 zur Entgegennahme von Beschwerden der Beschäftigten eingerichtet werden muss. Betriebsrat und Arbeitgeber sollen sich gemeinsam darum kümmern, wer hier in Betracht kommt und insbesondere auch sicher stellen, dass z. B. in Betrieben mit mehreren räumlich getrennten Bereichen eine "ortsnahe Betreuung" möglich ist.

Münster, 24.01.2007

Dietrich Manstetten, Rechtsanwalt