Landwirtschaftsrecht / Agrarrecht

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Vorzeitige Beendigung von Milchquotenpachtverträgen

Kurz vor dem 01.04.2000, also vor In-Kraft-Treten der Zusatzabgabenverordnung, haben viele Landwirte noch langfristige Quotenpachtverträge abgeschlossen, um sich eine ausreichende Quote für ihren Betrieb zu sichern. Dabei sind die Risiken des Milchmarktes in vielen Fällen offenbar unterschätzt worden. In vielen Verträgen sind sehr hohe Pachtpreise von 0,10 € und mehr pro kg für die gesamte Pachtdauer vereinbart worden, oft sogar ohne Preisanpassungsklausel. Angesichts der gestiegenen Produktionskosten und der zuletzt stark gesunkenen Milchauszahlungspreise erweisen sich diese hohen Pachtpreise nun zunehmend als Problem für die Milcherzeugungsbetriebe.

Falls keine Anpassung des Pachtpreises - insbesondere aufgrund einer Anpassungsklausel in dem Pachtvertrag - durchgesetzt werden kann, möchten viele Milcherzeuger nach Möglichkeit ganz aus den Pachtverträgen herauskommen. Da die Pachtverträge aber in aller Regel bis zum Jahr 2008 oder darüber hinaus zeitlich befristet wurden, besteht grundsätzlich keine Möglichkeit zur Kündigung. Ein Kündigungsrecht des Pächters kommt in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Landpachtrechts allenfalls dann in Betracht, wenn der Pächter nach Vertragsschluss berufsunfähig erkrankt ist und den Beruf des Milcherzeugers nicht mehr ausüben kann.

Ansonsten ist eine vorzeitige Beendigung von Pachtverträgen nur gegen Schadensersatzzahlungen möglich. Stellt ein Pächter die Milcherzeugung ein, so muss der Verpächter die Referenzmenge vorzeitig zurücknehmen und zum nächsten Termin an der Börse verkaufen, weil anderenfalls die Einziehung der Quote droht. Der Pächter muss dann den Verpächter durch eine Schadensersatzzahlung so stellen, als hätte er den Pachtvertrag ordnungsgemäß bis zum Ende erfüllt. Dabei profitiert der Pächter allerdings davon, dass der Verpächter bei einem sofortigen Verkauf noch einen wesentlich höheren Verkaufserlös erzielen wird als bei der planmäßigen Beendigung des Pachtvertrages. Bei einem aktuellen Börsenwert von 0,40 € pro kg schätzen wir zum Beispiel, dass der Börsenwert im Jahr 2008 nur noch 0,20 € pro kg betragen wird.

Das folgende Beispiel mag die Berechnung des Schadensersatzes verdeutlichen: Ein Pachtvertrag über eine Referenzmenge von 100.000 kg zu einem jährlichen Pachtzins von 0,10 € pro kg wird vorzeitig aufgelöst, weil der Pächter die Milcherzeugung einstellt. Die vertragsmäßige Restlaufzeit beträgt noch vier Jahre. Der Verpächter hätte also insgesamt noch Pachtzinsen in Höhe von 40.000,00 € erhalten. Weil er die Pachtzahlungen jedoch nur in Teilbeträgen über die gesamte Restlaufzeit verteilt erhalten hätte, beträgt der abgezinste Barwert der ausstehenden Pachtzahlungen ca. 36.500,00 €. Außerdem hätte der Verpächter nach ordnungsgemäßer Vertragserfüllung die Referenzmenge - abzüglich 33 % - noch für einen Restwert von 13.400,00 € verkaufen können.

Von diesem Betrag ist der Verkaufserlös in Höhe von 26.800,00 € abzuziehen, den der Verpächter durch den sofortigen Verkauf der Referenzmenge - abzüglich 33 % - erlangt hat. Da er diesen Verkaufserlös sofort erlangt und nicht erst nach der vertragsmäßigen Beendigung des Pachtvertrages, muss er sich außerdem einen Zinsvorteil bis zu diesem Zeitpunkt in Höhe von ca. 3.900,00 € anrechnen lassen. Insgesamt muss der Pächter daher in dem Beispielfall noch Schadensersatz in Höhe von 19.200,00 € bezahlen.

Münster, 01.01.2005

Mechtild Düsing, Rechtsanwältin und Notarin