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Hinweispflicht des Versicherungsmaklers

Ein Versicherungsmakler muss seinen Kunden darauf hinweisen, dass er seine Ansprüche auf Invaliditätsleistungen aus einer privaten Unfallversicherung verliert, wenn er die vertraglich festgelegten Fristen zur Geltendmachung nicht einhält. Der Bundesgerichtshof (Urt. v. 16.07.2009 – III ZR 21/09 -) hat einen Versicherungsmakler wegen einer dementsprechenden Pflichtverletzung zu einer Zahlung von rund 13.000,00 € Schadensersatz verurteilt.

Der Kunde verunfallte mit dem Motorrad im August 2002 in der Schweiz. Er beauftragte seinen Versicherungsmakler mit der Schadensabwicklung gegenüber dem privaten Unfallversicherer. Noch im August 2002 fertigte der Versicherungsmakler eine Schadensanzeige. Danach blieb die Sache jedoch liegen. Erst in der zweiten Jahreshälfte 2004 meldete sich der Versicherungsmakler wieder bei dem Versicherer. Dieser berief sich auf die Ausschlussfrist des § 7 Abs. 1 (1) AUB 1994. Diese Versicherungsbedingung bestimmt, dass Voraussetzung für die Invaliditätsleistung des Versicherers ist, dass die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten ist sowie spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren drei Monaten ärztlich festgestellt und geltend gemacht wird. Diese Fristen waren mittlerweile verstrichen. Der Kunde nahm seinen Versicherungsmakler daraufhin wegen Schadensersatz in Anspruch und verlangte die Zahlung von rund 13.000,00 €.

Zu Recht – meint der Bundesgerichtshof. Die Pflichten des Versicherungsmaklers gehen weit. Er ist treuhänderischer Sachwalter der Interessen des von ihm betreuten Versicherungsnehmers. Der Pflichtenkreis des Versicherungsmaklers umfasst grundsätzlich auch die Hilfestellung bei der Regulierung eines Versicherungsschadens, insbesondere bei der Erstellung einer sachgerechten Schadensanzeige. Im Gegensatz zu seinem Kunden sei er mit dem Inhalt von Versicherungsverträgen und der Reichweite von Obliegenheitsverletzungen vertraut. Aufgrund dieses Wissensvorsprunges gegenüber dem regelmäßig fachunkundigen Kunden träfen ihn besondere Hinweispflichten. Dies gelte auch und gerade für die 12-/15-Monats-Frist in Unfallversicherungsverträgen. Der Versicherungsmakler habe hier seinen Kunden auf die Fristen hinweisen müssen – insbesondere auf den Umstand, dass bei Nichteinhaltung der Fristen jedweder Anspruch auf Versicherungsleistung erlischt.

Der Versicherungsmakler verteidigte sich damit, von ihm könne nicht verlangt werden, was er rechtlich nicht dürfe. Rechtsberatend dürfe er nicht tätig werden. Die Rechtsberatung sei kraft Gesetzes den Rechtsanwälten vorbehalten. Dieser Einwand überzeugte die Bundesrichter jedoch nicht. Bei der Hinweispflicht des Versicherungsmaklers handele es sich um eine Nebenpflicht aufgrund des Versicherungsmaklervertrages. Die Hinweispflicht beinhalte keine umfassende Rechtsberatung, sondern sei von der Annexkompetenz des Versicherungsmaklers gedeckt. Von dem Versicherungsmakler werde also nichts unmögliches verlangt, sondern lediglich die Erfüllung seiner Pflichten.

Auch der Einwand des Versicherungsmaklers, es sei ohnehin Obliegenheit des Kunden, die Versicherungsbedingungen genau zu lesen, überzeugte die Richter nicht. Der Versicherungsmakler könne sich nicht auf die Eigenverantwortung des Versicherungsnehmers, sich über die Ausschlussfristen selbst zu informieren, berufen. Der Kunde habe sich gerade an den Versicherungsmakler gewandt, um dessen besondere Sachkunde in Anspruch zu nehmen. Die Obliegenheit, die Versicherungsbedingungen genau zu studieren, bestehe auch nur gegenüber dem Versicherer, nicht aber gegenüber dem Versicherungsmakler.

Der Versicherungsmakler muss an seinen (vormaligen) Kunden rund 13.000,00 € Schadensersatz zahlen.

Münster, 18.08.2009

Burkard Lensing, LL.M., Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungsrecht