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Provisionsabgabeverbot gekippt?!

Das Verbot für Versicherungsvermittler, einen Teil ihrer Provision an die Kunden durchzureichen, steht auf dem Prüfstand. Das Verwaltungsgericht Frankfurt a. M. gab am 24.10.2011 der Klage eines Vermittlerunternehmens statt (9 K 105/11.F). Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hatte der Gesellschaft ein Bußgeld angedroht, wenn sie weiterhin einen größeren Teil der Provisionen an die Versicherten abgebe.

Der klagende, schwäbische Versicherungsvermittler AVL wehrte sich gegen das ihm bis zu 100.000,00 € angedrohte Bußgeld. AVL setzt auf das Massengeschäft. Es gehört zum Geschäftsmodell von AVL, den Kunden möglichst hohe Rabatte auf die Abschlusskosten zu gewähren.

Dem stand – so das BaFin – das Provisionsabgabeverbot entgegen. Die seit 1934 geltende Regelung untersagt es Vermittlern von Versicherungsverträgen, dem Kunden in irgendeiner Form Sondervergütungen zu gewähren.

Die Richter des Verwaltungsgerichts Frankfurt halten die Vorschrift für zu unbestimmt und daher für verfassungswidrig.

Die Entscheidung sorgt in der Branche für erhebliche Unruhe.

Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e. V. (BVK) fürchtet eine „Geiz ist Geil-Mentalität“ der Kunden. Der ruinöse Dumping-Wettbewerb gehe zu Lasten der Vermittler. Der BVK hält deshalb am Provisionsabgabeverbot fest.

Dieser Forderung schließt sich auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) an. Eine gute Versicherungsberatung sei nicht umsonst zu haben. Das Provisionsabgabeverbot diene dazu, den Vermittlern ein auskömmliches Einkommen zu sichern und damit letztlich auch einer guten Verbraucherberatung.

Begrüßt wurde die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Frankfurt hingegen durch den AfW Bundesverband Finanzdienstleistungen e. V. (AfW), welcher das Urteil als einen Schlussstrich unter eine „behördlich sanktionierte Wettbewerbsverzerrung“ wertete.

Bedeutung hat das Urteil auch für die sog. „Honorarberatung“ in der Versicherungsbranche. Gegner einer Vergütung auf Honorarbasis führen stets das Provisionsabgabeverbot als Argument gegen die Zulässigkeit einer honorarbasierten Beratung ins Feld.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es bleibt abzuwarten, ob die BaFin ein Rechtsmittel einlegt oder nicht.

Münster, 02.11.2011

Burkard Lensing, LL.M., Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungsrecht