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Arbeitsunfähig durch Mobbing?

Mobbing hat sich in der Arbeitswelt zum Massenphänomen gemausert. Egal ob das Opfer durch den Chef oder Kollegen attackiert wird – oftmals wird es regelrecht krank. Ist der Arbeitnehmer aber auch im krankenversicherungsrechtlichen Sinne arbeitsunfähig? Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 09.03.2011 (- IV ZR 137/10 -) in einem Einzelfall bejaht.

Ein Projektleiter für Brandschutzanlagen sah sich längere Zeit einem Mobbingverhalten ausgesetzt. Laut ärztlichem Befund litt er an Depressionen und Panikreaktionen, welche auf die Mobbingsituation an seinem Arbeitsplatz zurückzuführen waren. Von seinem Krankenversicherer verlangte der Brandschutzexperte das vertraglich vereinbarte Krankentagegeld in Höhe von rund 120,00 € / Tag.

Der Versicherer lehnte die Zahlung jedoch ab. Der Projektleiter sei nicht arbeitsunfähig. Sein Leiden sei nicht krankheitsbedingt, sondern arbeitsbedingt. Bei den aufgetretenen Symptomen handele es sich lediglich um eine „konfliktbedingte Arbeitsplatzunverträglichkeit“. Der Projektleiter habe es in der Hand – etwa durch einen Arbeitsplatzwechsel – die Leidenssituation zu beseitigen.

Nach Meinung der Bundesrichter durfte der Versicherer die Zahlung nicht verweigern. Laut ärztlichem Befund sei der Versicherungsnehmer außer Stande, seiner Arbeit nachzugehen. Damit sei der Versicherungsfall eingetreten. Der Versicherer könne sich nicht darauf berufen, dass der Versicherte in seinem bisher ausgeübten Beruf an sich leistungsfähig sei und lediglich aufgrund besonderer, krankmachender Umstände außer Stande sei, seinen Beruf an dem bisherigen Arbeitsplatz auszuüben. Dabei handele es sich nicht um eine bloße „Arbeitsplatzunverträglichkeit“. Vielmehr könne der Versicherte auch dann arbeitsunfähig sein, wenn die seine Erkrankung auslösenden Umstände mit seinem bisherigen Arbeitsplatz zusammenhingen. Ausschlaggebend sei allein, dass der Versicherte aufgrund seiner Krankheit nicht in der Lage sei, seinen bisherigen Beruf auszuüben.

Der Bundesgerichtshof verurteilte den Versicherer zur Zahlung.

Münster, 26.04.2011

Burkard Lensing, LL.M., Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungsrecht