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Versicherungsmakler: Beratung nur gegen Vergütung?

Zu den heiß umstrittenen Themen in der Finanzbranche gehört die Frage, ob die Beratungsleistungen der Finanzdienstleister künftig von den Kunden selbst bezahlt werden sollen. Das wäre der Abschied vom Courtage-Modell.

Sowohl in der Banken- als auch in der Versicherungsbranche haben und hatten die Kunden in der Vergangenheit das Gefühl, dass Beratungsleistungen „unentgeltlich“ erbracht werden. Guter Rat ist jedoch teuer. Das die Kosten der Beratung - für den Kunden unsichtbar - lediglich in den Provisionen der Finanz- und Versicherungsbranche „versteckt“ werden, war und ist den meisten Kunden nicht klar. Dass sich der „unentgeltliche“ Rat für den Kunden oft als Bumerang erweist, zeigen die Skandale um „Schrottimmobilien“ und Inhaberschuldverschreibungen (Stichwort: Lehman Brothers).

Was die Branche der Versicherungsmakler betrifft, erhält die Diskussion, ob sich der Versicherungsmakler unabhängig von einem Vermittlungserfolg seine Beratungsleistung vergüten lassen kann, Auftrieb durch die gesetzlichen Neuregelungen, welche im Rahmen der Umsetzung der Vermittlerrichtlinie in Kraft traten.

Die Frage, ob der Versicherungsmakler sich seine Beratungsleistungen – vermittlungsunabhängig – vergüten lassen darf oder nicht, kann von existentieller Bedeutung werden:

1. Die EU-Kommission erwägt ein europaweites Provisionsverbot. Das Courtage-Modell der Versicherungswirtschaft birgt aus Sicht der EU-Kommission für den Versicherungsmakler wegen seiner Doppelstellung zwischen auftraggebenden Kunden und zahlendem Versicherer ernstzunehmende Interessenkonflikte. Der Makler ist treuhänderischer Sachwalter des Kunden. Warum er seine Dienstleistungen vom Versicherer bezahlen lassen soll, leuchtet nicht ein. Der Volksmund weiß: „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.“ Warum dies in der Versicherungsmaklerbranche anders sein soll, erschließt sich nicht. Die EU-Kommission prüft hier, ob Maßnahmen ergriffen werden müssen.

2. Die komplexe Beratungsleistung des Versicherungsmaklers – gerade im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge und der Industrieversicherung – wird durch das starre Courtage-System nicht abgebildet.

3. In ertragsschwachen Sparten (etwa Schaden- und Risikoleben-Geschäft) sind die Courtagen ohnehin nicht kostendeckend.

Es liegt im beiderseitigen Interesse des Kunden und des Versicherungsmaklers durch transparente Vergütungsmodelle Kostenklarheit zu schaffen.

Eine Vielzahl von „Makler-Anwälten“ steht alternativen Vergütungsmodellen jedoch skeptisch gegenüber. Ansatzpunkt für die kritischen Stimmen ist § 34 Abs. 1 S. 4 Gewerbeordnung (GewO). Nach dieser Vorschrift beinhaltet die gewerberechtliche Erlaubnis des Versicherungsmaklers die Befugnis Dritte, die nicht Verbraucher sind, gegen gesondertes Entgelt zu beraten. Aus dieser Vorschrift wird der Umkehrschluss gezogen, dass die entgeltliche Beratung von Verbrauchern anlässlich der Versicherungsvermittlung verboten sein soll (Baumann VersicherungsJournal Extrablatt 4/2008, 8 (9)).

§ 34 Abs. 1 S. 4 GewO beinhaltet die besondere Rechtsdienstleistungsbefugnis des Versicherungsmaklers, Unternehmer gegen gesondertes Entgelt rechtlich zu beraten. Daneben tritt die allgemeine Rechtsdienstleistungsbefugnis des Versicherungsmaklers nach § 5 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG), Verbraucher und Unternehmer im Zusammenhang mit der Maklertätigkeit rechtlich zu beraten. Beide Vorschriften verbieten es dem Makler nicht, sich seine Dienstleistungen vergüten zu lassen.

Auf die Wirksamkeit von zivilrechtlichen Vergütungsvereinbarungen des Versicherungsmaklers hat § 34 d GewO als Norm des öffentlichen Gefahrenabwehrrechts ohnehin keinen Einfluss. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Erlaubnisvorschrift, keine Verbotsvorschrift. So käme auch niemand auf den Gedanken, ein Bier, welches er nach der Sperrstunde bestellt hat, nicht bezahlen zu wollen. Ein Wirt hätte wenig Verständnis für den Einwand des Gastes, der Wirt verstoße gegen öffentliches Recht und deshalb müsse das Bier nicht bezahlt werden. So ist auch § 34 d Abs. 1 S. 4 GewO kein Verbotsgesetz und führt nicht zur Unwirksamkeit von Vergütungsvereinbarungen.

Es bleibt dabei: Guter Rat ist teuer. Der Ratsuchende muss damit rechnen, dass ihm Beratung nur gegen Entgelt zu Teil wird. Dies gilt auch für die Branche der Versicherungsmakler. Vergütungsvereinbarungen schaffen Kostenklarheit. Der Abschluss von Vergütungsvereinbarungen liegt damit letztlich auch im Kundeninteresse.

Wer sich den Herausforderungen des europäischen Versicherungsmarktes stellen will, ist gut beraten, seinen Bestand auf alternative Vergütungsmodelle umzustellen.

Münster, 09.03.2009

Burkard Lensing, LL.M., Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungssrecht