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Verkehrsunfall! Was ist zu tun?

1) Maßnahmen am Unfallort

Sofern möglich sollte bei einem Verkehrsunfall stets die Polizei hinzugezogen werden. Mögliche Zeugen des Unfalls sollten mit Namen und Adresse festgehalten werden, die Unfallstelle sollte fotografiert werden und ein kleines Protokoll über den Verkehrsunfall geschrieben werden, das eine Skizze der Unfallsituation sowie die Angaben zum Unfallort enthält. Selbstverständlich darf sich ein Unfallbeteiligter auf keinen Fall von der Unfallstelle entfernen, ohne daß die erforderlichen Feststellungen zu seiner Beteiligung getroffen werden konnten.

Gleichfalls sollte niemand am Unfallort ein Schuldanerkenntnis unterschreiben, auch wenn er sich in der augenblicklichen Situation schuldig fühlt. Durch ein derartiges Schuldanerkenntnis können erhebliche Rechtsnachteile entstehen. Zwar geht die Rechtsprechung davon aus, daß durch die Abgabe einer schriftlichen Haftungserklärung nur die Einschätzung der Sach- und Rechtslage zum Unfallzeitpunkt festgehalten wird. Stellt sich später heraus, daß sich der Unfall in anderer Art und Weise ereignet hat, ist ein solches Schuldanerkenntnis also nicht bindend. Bei einer unklaren Sachlage, und dies ist sehr häufig der Fall, führt ein solches Schuldbekenntnis allerdings zu einer Verbesserung der Beweislage für den Unfallgegner.

Am Unfallort sollte man sich darauf beschränken, Angaben zur Person zu machen.

Nach dem Unfall sollte man sich sogleich mit seiner Haftpflichtversicherung und wenn man selbst Schadensersatzansprüche geltend machen will, aber auch im Hinblick auf die Verteidigung in evtl. Ordnungswidrigkeiten- und Strafverfahren mit einem Rechtsanwalt in Verbindung setzen. Es gibt einige Sonderfälle, bei denen die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nicht gegenüber der gegnerischen Haftpflichtversicherung direkt erfolgt. Dies ist zum einen der Fall, wenn beim Verkehrsunfall ein ausländisches Fahrzeug beteiligt war. In diesem Fall kann man sich wenden an das:

Deutsche Büro Grüne Karte e. V.

Postfach 101402

20009 Hamburg

Telefon: 040/33440-0

Telefax: 040/33440-400

Bei der Beteiligung eines ausländischen Militärfahrzeugs der NATO-Streitkräfte müssen die Ansprüche gegenüber den Ämtern für Verteidigungslasten geltend gemacht werden, und zwar innerhalb einer Frist von drei Monaten. In Nordrhein-Westfalen gibt es zwei Regulierungsbehörden der Verteidigungslastenverwaltung. Für Schäden in den Regierungsbezirken Köln und Düsseldorf ist zuständig:

Adresse:

Amt für Verteidigungslasten

Holweiderstraße 13

51065 Köln

Telefon: 0221/22129808

Für Schäden in den Regierungsbezirken Arnsberg, Detmold und Münster ist zuständig:

Kreis Lippe

Fachgebiet Verteidigungslasten

32754 Detmold

Telefon: 05231/62-0

Telefax: 05231/62-777

e-mail: f.kemper@lippe.de f.kemper@lippe.deDer Kreis Lippe bietet auf seiner Homepage unter der Adresse www.lippe.de weitere Informationen zur Schadensregulierung an.

Begeht der Unfallgegner Unfallflucht, kann der Personenschaden gleichfalls geltend gemacht werden. Ansprechpartner ist:

Verein für Verkehrsopferhilfe e. V.

Glockengießerwall 1

20095 Hamburg

Telefon: 040/3018-00

Telefax: 040/3018-0700.

2) Welche Ansprüche können geltend gemacht werden?

a) Reparaturkosten

Selbstverständlich können die Kosten für die Reparatur des Fahrzeugs geltend gemacht werden. Die Obergrenze liegt allerdings in dem Wiederbeschaffungswert des beschädigten PKW. Sind die Reparaturkosten höher als dieser Wiederbeschaffungswert, dann ist nur der Wiederbeschaffungswert erstattungsfähig. Diese Kosten müssen ersetzt werden, auch wenn die Reparatur nicht durchgeführt wurde.

b) Nutzungsausfall

Für die Dauer der Reparatur oder Wiederbeschaffung kann der Geschädigte auch Nutzungsausfall geltend machen. Während der Reparaturzeit kann ein Mietwagen in Anspruch genommen werden oder die Erstattung der Kosten für den Mietwagen verlangt werden. Voraussetzung ist allerdings, daß während des Nutzungsausfalls das Fahrzeug tatsächlich genutzt werden konnte und genutzt werden sollte. Wer etwa alleinstehend ist und seinen PKW nicht anderen Familienangehörigen dauernd zur Nutzung überläßt, kann während eines Krankenhausaufenthaltes keinen Nutzungsausfall geltend machen.

c) Gutachterkosten

Die Kosten der Reparatur und der Wiederbeschaffung des Fahrzeugs sollten durch ein unabhängiges Sachverständigengutachten ermittelt werden. Auch diese Gutachterkosten sind erstattungsfähig. Anders sieht es allerdings aus, wenn es sich um einen Bagatellschaden handelt. Hier ein Gutachten mit Kosten in Höhe von etwa 700,00 DM inzuholen, verstößt gegen die Schadensminderungspflicht. Die Grenze zum Bagatellschaden liegt bei etwa 1.000,00 DM.

d) Wertminderung

Auch nach vollständiger Reparatur des Fahrzeuges hat der PKW häufig gleichwohl an Wert verloren, da für ihn, als Unfallfahrzeug, nur noch ein geringerer Verkaufserlös erzielt werden kann. Dieser sog. merkantile Minderwert kann gleichfalls geltend gemacht werden. Das setzt allerdings voraus, daß der Unfallschaden von "einigem Gewicht" und der PKW nicht allzu alt ist. Die Grenze liegt bei etwa fünf Jahren und einer Fahrleistung von nicht mehr als 100.000 km. Für die Berechnung des merkantilen Minderwerts gibt es verschiedenste Formeln. Nach der am häufigsten zugrunde gelegten Berechnung kann ein Betrag von 3 % bis 5 % der Summe aus Reparaturkosten und PKW-Wert geltend gemacht werden.

e) Abschleppkosten

Ersetzt werden können auch die Abschleppkosten. Auch hier besteht die Schadensminderungspflicht. Bei übermäßiger Entfernung werden die Abschleppkosten nicht in vollem Umfange erstattet, wenn der Schaden auch in einer näher gelegenen Werkstatt behoben werden kann.

f) Kostenpauschale

Bei einem Unfall entstehen für den Geschädigten Kosten für Telefonate, Fahrten zur Werkstatt etc. Diese können mit einer Pauschale von 40,00 DM geltend gemacht werden, es sei denn,weitere Kosten werden nachgewiesen.

g) Auch beim Unfall beschädigte Gegenstände wie Kleidung etc. muß ersetzt werden.

h) Auch die Rechtsanwaltskosten gehören zu dem erstattungsfähigen Schaden. Nur in krassen Ausnahmefällen, dann wenn es sich um einen ganz einfachen Sachverhalt handelt, bei dem keine Einwendungen zur Schuldfrage und zur Schadenshöhe erwartet werden können, bedarf es eines Rechtsanwaltes nicht.

i) Personenschäden

Ansprüche wegen Personenschadens können alle durch den Unfall Geschädigte geltend machen. Dies sind auch die Insassen des PKW des Unfallverursachers. Diese können gegenüber dem Fahrer einen Anspruch auf Erstattung ihres Personenschadens geltend machen.

j) Schmerzensgeld

Wegen des beim Unfall entstandenen immateriellen Schadens steht allen Unfallgeschädigten ein Anspruch auf Schmerzensgeld zu. Bei einem HWS-Syndrom liegt dies etwa zwischen 600,00 DM und 1.500,00 DM, bei einem komplizierten Bruch des Arms mit mehrjährigem Krankenhausaufenthalt und weiteren Behandlungen kann es etwa 9.000,00 DM betragen. Im Hinblick auf die Geltendmachung von Schmerzensgeld orientieren sich die Gerichte und Haftpflichtversicherung an den sog. Schmerzensgeldkatalogen, die sich aus der Zusammenstellung von Gerichtsentscheidungen ergeben.

k) Erwerbsschaden

Für die voraussichtliche Dauer der Erwerbsunfähigkeit wird eine sog. Verdienstausfallrente gezahlt. Auf diese hat auch eine Verletzte Hausfrau einen Anspruch.

l) Unterhaltsschaden

Wird durch den Unfall ein Unterhaltspflichtiger getötet, so besteht ein Anspruch der Unterhaltsberechtigten auf Zahlung einer Hinterbliebenenrente. Diese orientiert sich an Alter, Beruf und sonstiger Lebensstellung des Verstorbenen. So steht etwa dem Ehegatten ein Anspruch auf Ehegattenunterhalt, unterhaltsberechtigten Kindern ein Anspruch auf Kindesunterhalt und sich daran anschließend etwa Ausbildungsunterhalt zu.

m) Beerdigungskosten

Die Beerdigungskosten sind gleichfalls von dem Unfallschädiger zu ersetzen.

n) Kosten der Heilbehandlung

Gleichfalls erstattungsfähig sind die Kosten der Heilbehandlung.

Münster, 01.02.2001

Wilhelm Achelpöhler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht