Hochschulrecht / Studienplatzklage
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Studienplatzklage
Überlange Wartezeit

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat durch Beschluss vom 06.10.2011, Az. 13 B 1216/11 die Vollziehung der einstweiligen Anordnung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen betreffend die Zulassung zum Studium wegen überlanger Wartezeit außer Vollzug gesetzt.

Es ist schon erstaunlich, mit welcher Schnelligkeit das Oberverwaltungsgericht in der Lage war, auf die Beschwerde von HochschulSTART hin innerhalb von wenigen Stunden einen Aussetzungsbeschluss zu verfassen und zu begründen. Wenn es um Rechte der Studienbewerber auf vorläufige Zulassung geht, braucht das Oberverwaltungsgericht in der Regel mehrere Wochen, wenn nicht gar Monate um die Eilanträge der Studienbewerber zu bearbeiten.

Die Hast, mit der das Oberverwaltungsgericht den sehr gut begründeten Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen außer Kraft gesetzt hat, ist auch deshalb erstaunlich, weil niemand dadurch zu Schaden gekommen wäre, wenn die 5 Antragsteller, die durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vorläufig zum Studium zugelassen worden waren, auch tatsächlich eingeschrieben worden wären. Mit sonstigen Antragstellern war nämlich im Laufe dieses Wintersemesters 2011/2012 überhaupt nicht mehr zu rechnen. Die Klagefristen gegen die Bescheide von HochschulSTART im Hinblick auf die Wartezeitzulassung waren nämlich längst abgelaufen. Weitere Anträge auf Erlass von einstweiligen Anordnungen waren beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen nicht mehr anhängig. Es wird doch kaum behauptet werden können, dass die Universitäten die Aufnahme von 5 weiteren Studenten im Studiengang Medizin nicht verkraftet werden könnten.

Auch trifft es nicht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht ausführt, es sei damit zu rechnen, dass die jeweiligen Antragsteller spätestens im Wintersemester 2012/2013 einen Studienplatz erhalten würden. Dies ist eine reine Annahme, die durch nichts bewiesen ist. Tatsache ist nämlich, dass jeder, der nur lange genug gewartet hat, sich um einen Studienplatz im Fach Medizin im Rahmen der Wartezeit bewerben kann. Hat beispielsweise ein Abiturient nach dem Abitur eine Banklehre gemacht und danach Jahre lang an der Bank gearbeitet, dann jedoch – möglicherweise wegen der Wirtschaftskrise – dort seinen Job verloren, so kann er sich ohne weiteres um einen Studienplatz im Fach Medizin oder Zahnmedizin bewerben und wird einen solchen Studienplatz sofort erhalten, ohne dass seine Eignung für dieses Studium noch weiter überprüft würde. Er wird dann solchen Studienbewerbern, die nach dem Abitur beispielsweise eine Lehre als Gesundheits- und Krankenpfleger gemacht haben und sich jedes Jahr bei HochschulSTART um einen Studienplatz in Medizin beworben haben, vorgezogen. Diese Ungerechtigkeit ist den Studienbewerbern, die sich seit Jahren mit ihrer Lebensplanung auf den zukünftigen Beruf eingerichtet haben, nicht mehr zu vermitteln. Wir bleiben daher dabei, dass das jetzt existierende Vergabeverfahren, das durch den Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen festgeschrieben wurde, verfassungswidrig ist. In unserem Büro wird daher überlegt, ob nicht gegen den zu erwartenden aufhebenden Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster Verfassungsbeschwerde eingelegt werden muss. Der Gesetzgeber muss gezwungen werden, dieses ungerechte Zulassungssystem zu ändern.

Münster, 11.10.2011

Mechtild Düsing, Rechtsanwältin
Fachanwältin für Verwaltungsrecht

Wilhelm Achelpöhler, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht