Familienrecht
Rechtsinfo Archiv

Zurück

Familienrecht
Zur Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern und zur sogenannten "Schwiegersohnhaftung"

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat kürzlich in zwei Urteilen zur Frage der Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern Stellung genommen. In beiden Fällen ging es darum, inwieweit ein Kind für die Heim- und Pflegekosten eines Elternteils aufkommen muss.

Dem Urteil vom 17. Dezember 2003 (Az.: XII ZR 224/00) lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der klagende Landkreis verlangte von der Beklagten die Zahlung von Heim- und Pflegekosten für deren Mutter. Die Beklagte hat aufgrund ihrer Halbtagstätigkeit ein Einkommen von jährlich ca. 29.000 DM brutto. Ihr Ehemann verdient vollschichtig ca. 117.000 DM brutto.

Der BGH hatte hier zu entscheiden, inwieweit die beklagte Tochter leistungsfähig ist, d.h. über so viel Einkünfte oder Vermögen verfügt, dass sie ihre Mutter unterstützen kann.

Die Tochter selbst verfügt lediglich über eigene Einkünfte unterhalb des Selbstbehaltes. Ihr Einkommen ist damit - allein betrachtet - so gering, dass sie nicht verpflichtet ist, ihre Mutter zu unterstützen.

Laut BGH kommt es für die Leistungsfähigkeit eines verheirateten Unterhaltspflichtigen aber darauf an, inwieweit sein Einkommen zur Bestreitung des angemessenen Familienunterhalts benötigt wird.

Was die Ehegatten für ihren Familienunterhalt benötigen, muss nach den im Einzelfall maßgebenden Verhältnissen, insbesondere unter Berücksichtigung der jeweiligen Lebensstellung, des Einkommens, Vermögens und sozialen Rangs, bestimmt werden. Hierbei hat der Unterhaltspflichtige nachzuweisen, wie sich der Familienunterhalt gestaltet und ob Beträge als Vermögen angespart werden. Soweit das Einkommen der Ehegatten zur Vermögensbildung genutzt wird, fließt es nicht in den Familienunterhalt. Vermögensbildende Maßnahmen des Unterhaltspflichtigen dürfen sich - abgesehen von einigen Ausnahmen - nicht zu Lasten eines unterhaltsberechtigten Elternteils auswirken.

Je nach dem, wie der Familienunterhalt danach zu bemessen ist, kann sich für den unterhaltspflichtigen Ehegatten, der hierzu nur anteilig beizutragen hat, die Verpflichtung ergeben, mit dem verbleibenden, für die Vermögensbildung zur Verfügung stehenden, Teil seines Einkommens Elternunterhalt zu leisten.

Beispiel: Sie ist unterhaltspflichtig gegenüber einem Elternteil und verdient 1.000 € monatlich. Er verdient 3.000 € monatlich. Das Familieneinkommen beträgt damit 4.000 €. Wenn sich der Familienunterhalt auf 3.600 € beläuft, so wird davon ausgegangen, dass sie hierzu 900 € ( 9/10 von 1.000 €) und er 2.700 € ( 9/10 von 3.000 €) beiträgt. Die ihr verbleibenden 100 € sind dann gegebenenfalls als Unterhalt zu leisten.

Eine etwas andere Sachverhaltskonstellation lag dem Urteil des BGH vom 14. Januar 2004 (Az.: XII ZR 69/01) zugrunde. Die beklagte Tochter wurde für ungedeckte Heimkosten ihrer Mutter in Anspruch genommen. Die Tochter und ihr Ehegatte waren beide vollschichtig erwerbstätig, wobei sie die ungünstige Lohnsteuerklasse V und ihr Ehemann die Lohnsteuerklasse III gewählt hatte. Der BGH hat hierzu entschieden, dass das zu berücksichtigende Einkommen des unterhaltspflichtigen Ehegatten um den Teil von der entrichteten Lohnsteuer zu erhöhen ist, der auf der ungünstigen Steuerklasse beruht. Wenn ein einem Elternteil Unterhaltspflichtiger im Verhältnis zu seinem Ehegatten die ungünstigere Lohnsteuerklasse V wählt, darf das nicht zu Lasten der Unterhaltspflicht gehen.

Ergebnis:

Der Familienunterhalt soll durch die Unterhaltspflicht gegenüber einem Elternteil nicht verringert werden, der Status quo der Lebensführung grundsätzlich erhalten bleiben. Es besteht aber kein Recht darauf, auf Kosten der Unterhaltspflicht Vermögen anzusparen. Der Anteil am Einkommen des unterhaltspflichtigen Ehegatten, der auf die Vermögensbildung entfällt, ist also gegebenenfalls als Unterhalt zu leisten.

Stand: 01.03.2004

Münster, 01.03.2004