Familienrecht
Rechtsinfo Archiv

Zurück

Familienrecht
Unterhaltsanspruch der Mutter des nichtehelichen Kindes

Bundesgerichtshof billigt längeren Unterhaltsanspruch zu, wenn früher eheähnliche Gemeinschaft bestand

Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 05.07.2006, Az. XII ZR 11/04) hat nicht verheirateten Müttern einen längeren Unterhaltsanspruch zugesprochen, wenn sie mit dem Vater des Kindes früher in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebten. Eine Gleichstellung von geschiedenen und ledigen Müttern wurde dadurch aber nicht erreicht.

In dem zu beurteilenden Fall sprach der Bundesgerichtshof einer Ärztin aus Lübeck rechtskräftig einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 1.500,00 EUR zu, bis die Tochter ein Alter von 7 Jahren erreicht hat. Die Frau hatte zuvor sechs Jahre mit dem Vater des Kindes, einem Zahnarzt, zusammengelebt. Das Paar trennte sich, als die gemeinsame Tochter 3 Jahre alt war. Der Bundesgerichtshof bestätigte damit ein Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig, das den Unterhalt, der für ledige Mütter eigentlich auf 3 Jahre begrenzt ist, auf 7 Jahre erweiterte, weil die Ärztin wegen einer Erkrankung nur noch halbtags arbeiten könne. Der Bundesgerichtshof stellte allerdings nicht auf die Erkrankung der Mutter ab, sondern darauf, dass die Familie früher in einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammenlebte. Daraus begründe sich ein "besonderer Vertrauenstatbestand", so der Bundesgerichtshof.

Nach dem Gesetz steht der ledigen Mutter ein Unterhaltsanspruch für die Dauer von mindestens drei Jahren zu, soweit von ihr wegen der Pflege und Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Für die geschiedene Mutter gilt grundsätzlich ein unbefristeter Unterhaltsanspruch. Erst wenn das Kind 8 Jahre alt ist, kann ihr eine Teilzeittätigkeit zugemutet werden, eine Vollzeitbeschäftigung sogar erst, wenn das Kind das 15 Lebensjahr erreicht hat.

Eine völlige Gleichstellung lediger und geschiedener Mütter will auch der Bundesgerichtshof nicht erreichen. Eine unverheiratete Mutter könne sich nicht in gleicher Weise auf den Schutz von Ehe und Familie und die nacheheliche Solidarität berufen wie eine geschiedene Mutter. Aber das Gesetz müsse verfassungsgemäß ausgelegt werden, wobei elternbezogene und vor allem kindbezogene Gründe für die Fortdauer des Unterhaltsanspruchs zu berücksichtigen seien. In Zukunft müssen die Gerichte also gründlicher prüfen, ob solche Gründe vorliegen.

Unabhängig von der aktuellen BGH-Entscheidung will das Bundesverfassungsgericht in diesem Jahr über die zeitliche Begrenzung des Unterhalts für ledige Mütter entscheiden. U. a hält das Oberlandesgericht Hamm die Befristung des Unterhaltsanspruchs auf drei Jahre für verfassungswidrig und hatte deshalb das Gesetz dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt (vgl. auch unseren Beitrag "Der Unterhaltsanspruch für die nichteheliche Mutter - bald unbeschränkt bis zur Volljährigkeit des nichtehelichen Kindes?").

In der Fachliteratur ist die Ungleichbehandlung seit langem hoch umstritten. Nach einer Ansicht dient der Betreuungsunterhalt nicht der Mutter, sondern dem Kind. Da nichteheliche und eheliche Kinder laut der Auffassung aber den gleichen Anspruch auf Förderung haben, sei die Frist von drei Jahren für Ledige verfassungswidrig. Eine andere Meinung betrachtet den Betreuungsunterhalt als Zahlung an die Mutter. Im Gegensatz zur Mutter des nichtehelichen Kindes könne sich die geschiedene Ehefrau auf nacheheliche Solidarität berufen. Die Unterschiede im Unterhaltsanspruch seien deshalb gerechtfertigt. Nach Auskunft der Gerichtssprecherin wird der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts noch in diesem Jahr entscheiden.

Münster, 24.07.2006

Dr. Rita Coenen, Rechtsanwältin