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Kosten für eine Konfirmation stellen keinen Sonderbedarf dar

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15.02.2006 (XII ZR 4/04) liegt Sonderbedarf als unregelmäßiger außergewöhnlich hoher Bedarf nur vor, wenn der Bedarf nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen war und daher bei der Bemessung des laufenden Unterhalts nicht berücksichtigt werden konnte.

Die Kosten für eine Konfirmation sind spätestens mit Beginn des Konfirmandenunterrichts absehbar und deswegen nicht überraschend i. S. v. § 1613 BGB.

In dem zu entscheidenden Fall sind die Kläger Kinder des Beklagten und wohnen bei der Mutter. Der Beklagte zahlt Kindesunterhalt in Höhe von jeweils 293,00 EUR. Die Kläger fordern nunmehr 511,00 EUR für eine Konfirmandenfahrt und eine Konfirmationsfeier als Sonderbedarf.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs sind die Kosten für die Konfirmation kein Sonderbedarf. Der Unterhaltsberechtigte kann neben dem Elementarunterhalt nur unregelmäßige außergewöhnlich hohe Kosten als Sonderbedarf verlangen (§ 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Unregelmäßig sind Kosten, die nicht voraussehbar sind und deshalb bei der Bemessung des Barunterhalts unberücksichtigt bleiben. Ob Kosten außergewöhnlich hoch sind, richtet sich nach der Höhe des Elementarunterhalts und danach, ob der Berechtigte eigene Mittel einsetzen kann. Ob Konfirmationskosten Sonderbedarf und nach diesen Maßstäben zu bewerten sind, ist streitig.

Zum einen wird die Auffassung vertreten, Konfirmationskosten stellen Sonderbedarf dar, wenn der Berechtigte sie aus dem Barunterhalt nicht ansparen kann (OLG Schleswig, FamRZ 2005, 1277). Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Braunschweig (OLG Braunschweig, OLGR 94, 305) stellen Konfirmationskosten keinen Sonderbedarf dar, da die Kosten voraussehbar sind.

Der Bundesgerichtshof folgt der letztgenannten Ansicht. Zur Begründung führt er aus, dass gem. § 1613 Abs. 1 BGB laufender Unterhalt nur für die Zukunft zu leisten ist. Das Gesetz schütze den Schuldner vor Ansprüchen, mit denen er nicht mehr rechnen muss. Gem. § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist Sonderbedarf bis zu einem Jahr rückwirkend zu zahlen. Systematisch folge daraus, dass dieser Bedarf nur unter engen Voraussetzungen geschuldet ist. Das Vertrauen des Schuldners, mit den Zahlungen den Bedarf zu decken, habe Vorrang vor den Interessen des Bedürftigen, der seinen Bedarf absehen kann.

Nur der Bedarf sei unregelmäßig i. S. v. § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB, der nicht mit Wahrscheinlichkeit abzusehen war und daher bei der Bemessung des laufenden Unterhalts nicht berücksichtigt werden konnte. Die Konfirmationskosten seien nicht unregelmäßig, weil sie spätestens mit Beginn des Konfirmandenunterrichts absehbar waren.

Mit dieser Entscheidung setzt der Bundesgerichtshof seine schuldnerfreundliche Rechtsprechung fort. Es wird zunehmend schwierig, außergewöhnliche Kosten als Sonderbedarf durchzusetzen. Viele der bisher als Sonderbedarf bewerteten Kosten sind ab einem bestimmten Zeitpunkt absehbar: Klassenfahrt ab Einschulung, Babyerstausstattung ab Kenntnis der Schwangerschaft, allergiebedingte besondere Kleidung und Einrichtung ab ärztlicher Diagnose, Zahnspange ab Zahnbildung usw. Hier wird es insbesondere auf die Höhe der Kosten, die Höhe des Barunterhalts und die Zeitspanne zwischen Absehen und Eintritt der Kosten ankommen.

Münster, 25.06.2007

Dr. Rita Coenen, Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familien- und Sozialrecht