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Gesetzesentwurf zur Reform des Zugewinnausgleichs liegt vor!

Nachdem der Bundestag das neue Unterhaltsrecht zum 01.01.2008 verabschiedet hat, stehen bereits weitere Reformen an. So hat das Kabinett im August 2008 einen Gesetzesentwurf zur Reform des Zugewinnausgleichs beschlossen. Diese Reform des Güterrechts soll am 01.09.2009 in Kraft treten.

Die geplante Gesetzesnovelle hält an dem seit 50 Jahre bestehenden Grundsatz fest, wonach die während der Ehe erworbenen Vermögenswerte zu gleichen Teilen auf die Ehepartner zu verteilen sind. Künftig soll jedoch noch effektiver verhindert werden, dass ein Ehepartner zu Lasten des anderen Vermögenswerte beiseite schafft. Außerdem muss berücksichtigt werden, wenn in der Ehe Schulden aus der vorehelichen Zeit getilgt werden.

Die wichtigsten Regelungen im Überblick:

Schutz vor Vermögensmanipulationen

Derzeit kommt es nach geltendem Recht bei der Berechnung des Zugewinns auf den Zeitpunkt der förmlichen Zusendung (Zustellung ) des Scheidungsantrags an. Allerdings wird die Höhe der zu zahlenden Ausgleichsforderung durch den Wert des bei Rechtskraft der Ehescheidung noch vorhandenen Vermögens begrenzt. Der Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung liegt indes immer deutlich später . Es besteht somit die Gefahr, dass in der Zeit zwischen Zustellung des Scheidungsantrages und Rechtskraft des Scheidungsurteils der ausgleichspflichtige Ehegatte sein Vermögen beiseite schafft.

Beispiel: Die Ehefrau hat bei Einreichung der Scheidung einen Zugwinn in Höhe von 20.000,00 € erzielt, der Ehemann verfügt über keinerlei Vermögen, sein Zugewinnausgleichsanspruch beliefe sich somit auf 10.000,00 €. Nun aber gibt die Ehefrau nach Einreichung der Scheidung für einen Urlaub mit ihrem neuen Freund 8.000,00 € aus und erklärt, das noch restliche Vermögen an der Börse verspekuliert zu haben. Da die Ehefrau bei Rechtkraft der Ehescheidung „vermögenslos“ ist, geht der Ehemann trotz errechnetem Zugewinnausgleich leer aus.

Derartige Manipulationen sollen künftig verhindert werden. Das neue Gesetz regelt daher, dass die Zustellung der Ehescheidung nicht nur für die Berechnung des Zugewinns maßgeblich ist, sondern auch sogleich für die Höhe der Ausgleichszahlung entscheidend ist. Im vorliegenden Fall hätte der Ehemann mithin nach wie vor einen Zugewinnausgleichsanspruch.

Fraglich ist sicherlich, ob diese Gesetzesänderung Manipulationen tatsächlich verhindert. Nicht selten wird das Vermögen vor dem Partner schon in der Trennungsphase vor Einreichung der Scheidung versteckt.

Sinnvoll ist aber sicherlich die im Gesetzesentwurf weitere vorgesehene Änderung, wonach künftig bei der Berechnung des Zugewinns berücksichtigt werden soll, ob ein Partner mit Schulden in die Ehe gegangen ist.

Berücksichtigung von Schulden

Nach geltendem Recht bleiben Schulden, die bei der Eheschließung vorhanden sind und zu einem sog. „negativen Anfangsvermögen“ führen, unberücksichtigt.

Beispiel: Der Ehemann verfügte bei Eheschließung über Schulden in Höhe von 30.000,00 €. Im Laufe der Ehe baute er diese Schulden ab und erzielte bis zur Rechtskraft der Ehescheidung ein Vermögen in Höhe von 20.000,00 €. Die Ehefrau erwirtschaftete ein Vermögen in Höhe von 50.000,00 €, bei Eheschließung hatte sie keine Schulden. Sie war während der Ehe berufstätig und kümmerte sich zudem um die Kinder. Nur so war der Ehemann in der Lage, seine Verbindlichkeiten zu tilgen. Nach derzeitigem Recht müsste die Ehefrau ihrem Ehemann einen Zugewinnausgleich in Höhe von 15.000,00 € zahlen, da die Schulden bei Eheschließung unberücksichtigt bleiben. Nach neuem Recht wird sog. negatives Anfangsvermögen berücksichtigt. Danach hätten beide Ehegatten einen Zugwinn in Höhe von 50.000,00 € erwirtschaftet, so dass die Ehefrau keinen Ausgleichsbetrag an den Ehemann zu zahlen hätte.

Angesichts der bevorstehenden Gesetzesänderung sollte man sich den Zeitpunkt der Einreichung des Ehescheidungsantrages gut überlegen. Für die Frage, welches Recht zur Anwendung gelangt, wird es hierauf maßgeblich ankommen. Voreilige Entscheidungen können massive finanzielle Auswirkungen haben.

Münster, 15.09.2008

Dr. Rita Coenen, Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familien- und Sozialrecht