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Abwertung der Erbtante - Zur Erbschaftssteuerreform

Bekanntlich hat das Bundesverfassungsgericht das jetzige Erbschaftsteuersystem für verfassungswidrig erklärt. Gelingt es dem Gesetzgeber nicht, bis Mitte nächsten Jahres die Erbschaftsteuerreform durchzuführen, würde die Erbschaftsteuer - wie früher schon die Vermögensteuer - ganz entfallen. Soweit will es der Gesetzgeber aber auf keinen Fall kommen lassen, die Planungen für ein neues Erbschaftsteuersystem sind vielmehr schon weit fortgeschritten.

Zusammengefasst läuft das neue System darauf hinaus, dass manche weniger bezahlen, andere jedoch mehr. Ziel der Erbschaftsteuerreform ist es jedenfalls, das bisherige Erbschaftsteueraufkommen zu erhalten, wenn nicht gar zu vergrößern.

Dies soll wie folgt erreicht werden:

Die erbschaftsteuerrechtlichen Freibeträge für Ehegatten sollen von 307.000,00 € auf 500.000,00 € erhöht werden. Für Kinder, Stiefkinder und Enkel (wenn Eltern verstorben sind) wird der Freibetrag von 205.000,00 € auf 400.000,00 € erhöht, bei Enkeln, deren Eltern noch nicht verstorben sind, von 51.200,00 € auf 200.000,00 €. Diese Personen fallen alle unter die Steuerklasse I. Die Steuersätze bei der Steuerklasse I sollen im großen und ganzen wie bisher erhalten bleiben. Dies bedeutet für die Steuerklasse I in Zukunft bei einem zu versteuernden Erbe (nach Abzug des Freibetrages) von beispielsweise 75.000,00 € einen Steuersatz von 7%. Soweit so gut.

Was der Staat hier an Erbschaftsteuer verliert, holt er dann aber um so kräftiger in anderen Steuerklassen nach. In der Steuerklasse II beispielsweise, in die Geschwister, Nichten und Neffen, Schwiegereltern und Schwiegerkinder fallen, wird der Steuersatz (bei einem Freibetrag von nur 20.000,00 €!) schon beim Eingangsteuersatz von bisher 12% auf 30% mehr als verdoppelt. Bei einem Erbe bis zu 300.000,00 € wird der Steuersatz von bisher 17% auf ebenfalls 30% angehoben. Das bedeutet beispielsweise für Geschwister, Nichten und Neffen bei einem Erbe von 75.000,00 € (nach Abzug eines Freibetrages von 20.000,00 €) mehr Steuern in Höhe von 22.500,00 € statt bisher 9.000,00 €. Fällt in das Erbe ein Einfamilienhaus mit einem Wert von rund 320.000,00 €, so erhöht sich die zu zahlende Erbschaftsteuer um rund 39.000,00 € von bisher 51.000,00 € auf 90.000,00 €.

Bei großen Vermögen steigt die Erbschaftsteuer ab einem Erbe von rund 6.000.000,00 € von bisher 32% auf 50%, das heißt also die Hälfte des Erbes geht an den Staat. So jedenfalls die bisherigen Pläne.

Ehegatten untereinander und Eltern können somit in Zukunft höhere Vermögen unversteuert vererben. Das neue Erbschaftsteuerrecht führt jedoch zur Abwertung der guten alten Erbtante. Es drohen Steuern bis zu 50% des Erbes. Dieselben Steuersätze gelten in Zukunft auch für Steuerklasse III, unter die sämtliche nicht verwandte Personen und insbesondere auch Lebenspartner fallen.

Was ist zu tun? Da Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer gleich hoch sind und beides ab Mitte nächsten Jahres geändert wird, könnte bis dahin noch zu alten Steuersätzen verschenkt werden.

Inhaber großer Vermögen sowohl in der Landwirtschaft als auch in der Industrie haben jedoch schon in der Vergangenheit andere Auswege gesucht und gefunden: Die Erwachsenenadoption, die in Adelskreisen durchaus häufiger vorkommt, aber auch „normalen“ Bürgern zur Verfügung steht. So hat sich beispielsweise der Enkel von Konrad Adenauer, Herr Bauwens-Adenauer, von seinem Patenonkel, dem Bauunternehmer Bauwens, adoptieren lassen und führt nun zusammen mit seinem Bruder dieses Bauunternehmen.

Münster, 29.11.2007

Mechtild Düsing, Rechtsanwältin und Notarin
Fachanwältin für Erbrecht