Verwaltungsrecht

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Rechtanspruch auf U3-Betreuung

 

Nach den neuesten von der Stadt Münster veröffentlichten Zahlen werden mindestens 470 Kinder zum 01.08.2013 trotz des gesetzlichen Anspruchs keinen Platz in der U3-Betreuung erhalten. In anderen Städten ist ebenfalls zu erwarten, dass der bestehende Bedarf für die Betreuung von unter Dreijährigen nicht erfüllt werden kann.

 

Betroffene Eltern sollten dies nicht hinnehmen und auf Ihren Rechtsanspruch bestehen! Im Folgenden haben wir die wichtigsten Informationen zum neuen Rechtsanspruch für Sie zusammengefasst.

 

1. Besteht ein Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz?

In der ab 1.8.2013 geltenden Neufassung von § 24 Abs. 2 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (SGB VIII) heißt es, dass Kinder ab Vollendung des ersten Lebensjahres einen Anspruch auf „frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege“ haben. Mit „Kindertagespflege“ ist die pädagogische Betreuung von Kindern durch eine Tagesmutter gemeint, unter „Tageseinrichtung“ werden die sog. Kitas verstanden. Da im Kinder- und Jugendhilferecht bei der Leistungsgewährung das Wunsch- und Wahlrecht von Eltern und Kindern besondere Beachtung findet, steht es Eltern frei, sich für eine der beiden Betreuungsformen zu entscheiden. Falls die Aufnahmekapazitäten jedoch in den vorhandenen Kitas erschöpft sind, kann das Jugendamt unter Umständen den gesetzlichen Betreuungsanspruch auch durch Bereitstellung einer Tagesmutter erfüllen. Dies hängt von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere vom konkreten Betreuungsbedarf des Kindes ab. Falls Sie eine bestimmte Betreuungsform, z.B. einen Kitaplatz bevorzugen, sollten Sie möglichst konkret gegenüber dem Jugendamt darlegen, aus welchem Grund diese Art der Betreuung für Ihr Kind erforderlich ist. Sie sollten im Einzelfall genau prüfen, ob die Ihnen angebotene Betreuung tatsächlich Ihrem Bedarf entspricht und damit akzeptabel ist.

 

2. Wie kann der Betreuungsanspruch durchgesetzt werden?

Wichtig ist zunächst, dass Sie frühzeitig einen Antrag auf einen Betreuungsplatz beim zuständigen Jugendhilfeträger stellen. Dies ist bei kreisfreien Städten (z.B. Stadt Münster), das Jugendamt der Stadt. Bei kreisangehörigen Gemeinden ist dies das Jugendamt des jeweiligen Landkreises. Eine Anmeldung bei einzelnen Kitas oder Tagespflegepersonen ist nicht ausreichend. Auch wenn vielfach die Anmeldungen von den Kitas an das Jugendamt weitergeleitet werden, empfehlen wir zusätzlich beim zuständigen Jugendamt einen Antrag auf Bereitstellung eines Betreuungsplatzes zu stellen.

 

In Nordrhein-Westfalen existieren für das Anmeldeverfahren noch keine gesetzlichen Anmeldefristen. Dennoch ist betroffenen Eltern zu raten, den Antrag möglichst frühzeitig beim Jugendamt zu stellen. Da die gerichtliche Durchsetzung des Betreuungsanspruchs und etwaiger Ersatzansprüche bei Nichterfüllung des Rechtsanspruchs davon abhängen, dass der Betreuungsbedarf beim Jugendamt rechtzeitig angemeldet wurde, sollten Sie den Antrag schriftlich stellen und sich dessen Eingang vom Jugendamt schriftlich bestätigen lassen.

 

Falls das Jugendamt für Ihr Kind keinen bzw. nicht den gewünschten Betreuungsplatz zur Verfügung stellt, besteht die Möglichkeit den Rechtsanspruch vor dem Verwaltungsgericht einzuklagen. Die Jugendämter sind verpflichtet, alle rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Rechtsanspruch zu erfüllen. Im gerichtlichen Verfahren wird dann insbesondere überprüft, ob noch Betreuungsplätze vorhanden sind bzw. ob das Jugendamt durch den angebotenen Betreuungsplatz den bestehenden Rechtsanspruch erfüllt hat.

 

Da die Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht in der Regel länger als ein Jahr dauern, müsste der Rechtsanspruch per einstweiliger Anordnung in einem gerichtlichen Eilverfahren geltend gemacht werden, um eine rechtzeitige Entscheidung zu erwirken.

 

3. Welche Kosten fallen für die Kitaplatz-Klage an?

Da es sich bei dem Anspruch auf frühkindliche Förderung um einen sozialrechtlichen Anspruch handelt, sind das Klage- und das Eilverfahren gerichtskostenfrei.

 

Falls Sie sich vor dem Verwaltungsgericht anwaltlich vertreten lassen, fallen je nach Höhe des Streitwerts Rechtsanwaltsgebühren an. Diese werden von Rechtschutzversicherungen übernommen, wenn Sie Versicherungsschutz für verwaltungsgerichtliche Streitigkeiten vereinbart haben. Sollten Sie noch nicht rechtschutzversichert sein, empfiehlt es sich zur Minimierung des Kostenrisikos eine Versicherung abzuschließen, die den Rechtschutz für die Vertretung vor dem Verwaltungsgericht umfasst. Beachten Sie hierfür, dass die Versicherungsbedingungen in der Regel die Geltung einer 3-monatigen Wartefrist beginnend mit dem Abschluss der Versicherung enthalten.

 

 

4. Was muss bei der Geltendmachung von Schadensersatz beachtet werden?

Sofern es im gerichtlichen Verfahren nicht gelingt, zusätzliche Betreuungskapazitäten aufzudecken und der Rechtsanspruch damit faktisch durch das Jugendamt nicht erfüllt werden kann, besteht grundsätzlich die Möglichkeit Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Der Anspruch umfasst den Ersatz der finanziellen Nachteile, die durch die Versagung des Betreuungsplatzes entstanden sind. Dies können sowohl die Kosten sein, die für eine alternative Betreuung etwa durch eine andere Betreuungsperson anfallen, als auch der Verdienstausfall des Elternteils, der die Betreuung – unter zeitweiser Aufgabe der Berufstätigkeit – selbst durchführt.

 

Da der Ersatzanspruch insbesondere erfordert, dass die Versagung des Betreuungsplatzes mit den zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln angegriffen wurde, ist betroffenen Eltern zu empfehlen, sich bei einer ablehnenden Entscheidung des Jugendhilfeträgers frühzeitig anwaltlich beraten lassen, damit die bestehenden Ansprüche effektiv verwirklicht werden können.

 

 

Münster, 13.03.2013

Dr. Rita Coenen, Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familien- und Sozialrecht