Verwaltungsrecht

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Wechsel von BWL Uni zu BWL FH: Fachrichtungswechsel oder Schwerpunktverlagerung?

Früher war die Sache klar: Wer von der Universität in einen gleichnamigen Studiengang an der Fachhochschule wechselte, der wechselte den Studiengang und nahm nicht nur einen Hochschulwechsel vor. Studiendauer und die erworbene Qualifikation unterschieden sich deutlich.

Heute ist mit dem „BA“ der Abschluss der gleiche, auch die Studiendauer ist bei Uni und FH in der Regel dieselbe: Sie liegt an Universität wie Fachhochschule bei sechs Semestern.

Handelt es sich deshalb nunmehr um dieselben Studiengänge? Von dieser Frage kann viel abhängen. Zum Beispiel im Prüfungsrecht: Wer endgültig in einem Studiengang den Prüfungsanspruch verloren hat, kann sich auch an einer anderen Hochschule nicht für diesen Studiengang einschreiben. Wenn es sich bei Uni und FH Bachelor um unterschiedliche Studiengänge handelt, kann man nach einem Scheitern an der Uni an der FH weiter studieren.

Zum Beispiel bei der Ausbildungsförderung: nach vier Semestern muss man eine Bescheinigung der Hochschule über ein ordnungsgemäßes Studium vorlegen, um weiter Bafög zu erhalten. Bei einem Studiengangwechsel beginnt die Zählung der Semester mit dem Beginn des FH Studiums neu, bei einem bloßen Hochschulwechsel werden die Semester an der bisherigen Hochschule mitgezählt, unabhängig davon, ob alle Leistungen an der neuen Hochschule anerkannt werden. Das kann dann dazu führen, dass man nach vier Semestern von der neuen Hochschule keine Bestätigung erhält, dass man die in vier Semestern üblichen Studienleistungen erbracht hat. Da kann die Förderung schon nach wenigen Semestern beendet sein. Außerdem bekommt man bei einem Fachrichtungswechsel eine Förderung für den gesamten Zeitraum des „neuen“ Studiums.

Das Wissenschaftsministerium des Bundes ist der Meinung, nach „Bologna“ sei der Wechsel von der Uni in einen gleichnamigen FH Studiengang kein Studiengangwechsel mehr. Deshalb sollen die Ämter für Ausbildungsförderung künftig bei einem Wechsel von Universität zur Fachhochschule nicht von einem Fachrichtungswechsel, sondern von einem bloßen Hochschulwechsel ausgehen.

Die Konsequenzen für die Studierenden sind erheblich. Wer nach zwei Semestern Uni BWL an die FH wechselt, muss dann nach zwei weiteren Semestern an der FH nachweisen, dass man dieselben Leistungen erbracht hat, als hätte man vier Semester an der FH studiert. Das klappt nur, wenn alle Leistungen der Uni auf das FH Studium angerechnet werden, also so gut wie nie. Denn die Ausbildung an Universitäten und Fachhochschulen ist beispielsweise im Fach Betriebswirtschaftslehre ganz unterschiedlich gestaltet. An der Universität liegt ein Schwerpunkt eher bei der Volkswirtschaftslehre und ist eher geprägt durch einen hohen Anteil von Mathematik und Statistik, Inhalte, die man in dem eher praxisorientierten Betriebswirtschaftsstudium an der Fachhochschule so nicht findet. Dies hat, nebenbei bemerkt, im Übrigen zur Konsequenz, dass es Fachhochschüler sehr schwer haben, in ein universitäres Masterstudium zu wechseln, werden dort doch genau diese nur an der Universität vermittelten Kenntnisse gefordert.

Ziemlich einfach hatte es sich da das Verwaltungsgericht Regensburg gemacht, das mit einem Urteil vom 01.04.2011, Az RO 9 K 10.01285 in dem Wechsel von einem universitären Studium der Architektur zu einem Fachhochschulstudium der Architektur keinen Fachrichtungswechsel sah, ohne auf die Unterschiede in der Gestaltung der Ausbildung näher einzugehen.

Sorgfältiger ging jetzt das VG Münster an die Frage heran, ob es sich beim Wechsel von einem Universitätsstudium der Betriebswirtschaftslehre zu einem Fachhochschulstudium der Betriebswirtschaftslehre um einen Fachrichtungswechsel handelt oder nur um einen bloßen Hochschulwechsel. Das Verwaltungsgericht hielt es zwar nicht für wesentlich, dass hier der Hochschultyp gewechselt wurde. Allerdings sah es in den beschriebenen Unterschieden zwischen den Bachelorstudiengängen an der Universität und der Fachhochschule einen solchen Unterschied, dass hier nicht von einem bloßen Hochschulwechsel ausgegangen werden könne, sondern von einem tatsächlichen Studiengangwechsel. Der universitäre Studiengang sei stärker theoriegeprägt, während der Fachhochschulgang stärker praxisorientiert sei. Die Unterschiede sind auch nicht unerheblich, die Zahl der unterschiedlichen Credits macht die Studienleistung von weit mehr als einem Semester aus.

Ergebnis für den Studenten: Bei der Zählung der Semester bleiben die zwei Semester an der Uni unberücksichtigt, die Bescheinigung nach § 48 Bafög muss er erst nach vier Semestern FH Studium vorlegen – und Bafög gibt es damit für die volle Dauer des FH Studiums und nicht nur für vier Semester.

So hat es das Verwaltungsgericht Münster in dem Verfahren 6 K 2012/13 durch Urteil vom 02.06.2015 entschieden.

Münster, 19.06.2015

Wilhelm Achelpöhler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht