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Krankentagegeldversicherung: Absicherung bei langer Krankheit - Fallstricke vermeiden

Um sich für den Verdienstausfall während einer längeren Krankheit abzusichern, sollte jedermann eine private Krankentagegeldversicherung abschließen.

Wer braucht eine Krankentagegeldversicherung?

Anders als in der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten Privatpatienten kein Krankengeld. Selbstständige und Freiberufler sollten – in Ergänzung zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung – ebenfalls eine Krankentagegeldversicherung abschließen. Allein während der langjährigen Prüfung des Versicherungsfalles in der Berufsunfähigkeitsversicherung, stünden sie ansonsten ohne Einnahmen da. Auch gesetzlich Versicherte können eine Krankentagegeldversicherung als freiwillige Zusatzversicherung abschließen, etwa um ihr gesetzliches Krankengeld auf zu stocken (max. 90 % des Bruttoeinkommens bzw. 70 % des Nettoeinkommens).

Die wirtschaftlichen Engpässe bei längeren Krankheiten werden häufig unterschätzt.

Ist der Versicherungsfall in der Krankentagegeldversicherung eingetreten, gilt es Fallstricke zu vermeiden.

Arbeitsunfähigkeit: AU-Bescheinigung reicht nicht!

Der Krankentagegeldversicherer bietet Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfällen, soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit verursacht wird. Häufig glauben Versicherte, die Arbeitsunfähigkeit sei bereits dann eingetreten, wenn ihr Arzt ihnen eine AU-Bescheinigung ausgehändigt habe. Diese Annahme ist freilich irrig. Die Vorlage einer AU-Bescheinigung reicht nicht aus, um den Versicherungsfall nachzuweisen.

Arbeitsunfähigkeit wird in den Versicherungsverträgen regelmäßig so definiert, dass sie erst dann vorliegt, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorrübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht. Knackpunkt ist, dass es auf die konkrete berufliche Tätigkeit des Versicherten ankommt. Der Versicherte muss also dem Arzt sein genaues Tätigkeitsbild so beschreiben, dass dieser beurteilen kann, ob genau diese Tätigkeiten auf Grund der Erkrankung nicht mehr durchgeführt werden können. Erst dieser ärztliche Befund unterlegt die versicherte Arbeitsunfähigkeit. Es reicht z.B. nicht aus, die eigene Tätigkeit abstrakt als Tischlermeister zu beschreiben. Das kann nämlich vieles bedeuten. Es kann der Einzelkämpfer in eigener Werkstatt sein. Es kann aber auch der europaweit agierende Meisterbetrieb mit dutzenden Gesellen, Angestellten und Zweigniederlassungen sein. Dass sich diese Tätigkeiten allein in der Akquisetätigkeit sowie dem Organisations- und Buchhaltungsaufwand unterscheiden, liegt auf der Hand. Der Arzt braucht freilich einen Maßstab, anhand dessen er feststellen kann, ob eine bedingungsmäßige Arbeitsunfähigkeit vorliegt oder nicht. Der Bundesgerichtshof spricht in diesem Zusammenhang davon, dass dem Arzt die Tätigkeitsbeschreibung des Versicherten als „unverrückbarer, außermedizinischer Sachverhalt“ vorgegeben werden muss. Hieran scheitern in der Praxis viele Klagen gegen den Krankentagegeldversicherer.

Der kurze Gang ins Büro – tödlich für den Versicherungsschutz

Ist der Versicherungsfall nachgewiesen sollten es gerade Freiberufler und Selbständige vermeiden, in ihrem eigenen Büro (Praxis, Kanzlei etc.) „kurz nach dem Rechten zu sehen“ – nach dem Motto: „Ohne mich bricht hier die Welt zusammen!“. Vermehrt setzen Versicherer Privatdetektive ein - insbesondere wenn es um die Auszahlung hoher Krankentagegelder geht -, um zu überprüfen, ob der Versicherungsnehmer tatsächlich keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgeht. Der kurze „Blick nach dem Rechten“ hat so manchem Versicherungsnehmer nicht nur den Vorwurf des Versicherungsbetruges eingetragen, sondern auch den vollständigen (auch rückwirkenden) Verlust des Versicherungsschutzes beschert.

Krankentagegeldversicherung als Schnittstelle zwischen privater Krankenversicherung und Berufsunfähigkeitsversicherung

Schwierigkeiten treten häufig auf, wenn die längere Erkrankung des Versicherten in eine Berufsunfähigkeit einmündet.

Die Versicherungen sind in einem Baukastensystem aufgebaut. Die private Krankenversicherung zahlt die Krankheitskosten im Krankheitsfall. Bei längerer Erkrankung tritt die Krankentagegeldversicherung mit der Zahlung des Krankentagegeldes ein. Die Krankentagegeldversicherung endet bei Eintritt der Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit.

Beantragt der Versicherte eine Berufsunfähigkeitsrente und wird diese erst nach – regelmäßig lang andauernder – Prüfung des Versicherungsfalles rückwirkend gezahlt, endet auch rückwirkend die Krankentagegeldversicherung. Dies bedeutet, dass der Krankentagegeldversicherer rückwirkend bis zu dem Zeitpunkt, in welchem die Berufsunfähigkeit festgestellt wird, auf das Krankentagegeld geleistete Zahlungen zurückverlangen kann. Dies erweist sich insbesondere dann als bitter, wenn das versicherte Krankentagegeld höher ausfällt als die vereinbarte Berufsunfähigkeitsrente.

Münster, 16.04.2014

Burkard Lensing, LL.M., Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungsrecht