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Versicherungsrecht
Verbotswidriges Linksabbiegen – Verlust des Kasko-Schutzes

 

Wer sich durch verbotswidriges Linksabbiegen über eine an einer Kreuzung herrschende Verkehrsregelung in besonders eklatanter Weise hinwegsetzt, handelt grob fahrlässig. Die Kaskoversicherung muss in einem solchen Fall für den Unfallschaden nicht aufkommen (OLG Brandenburg, Urt. v. 02.04.2008 – 4 U 151/07 -).

 

Der Fahrer wollte seine Vollkaskoversicherung wegen eines selbst verschuldeten Verkehrsunfalls in Anspruch nehmen. Er befuhr Nachts mit seinem Fahrzeug eine sechsspurig ausgebaute Straße. In der Mitte der Straße befanden sich, die Straße unterbrechend, zwei Straßenbahngleise. Für den Fahrer wies die Beschilderung der Kreuzung die Fahrtrichtung „geradeaus“ oder „rechts“ aus. Auf der von ihm benutzten Fahrbahn war ein Markierungspfeil eingezeichnet, welcher die Fahrtrichtung „geradeaus“ vorschrieb. Nichts desto trotz überquerte der Kläger nach links abbiegend die Straßenbahngleise, um in die Gegenrichtung weiterzufahren. Im Kreuzungsbereich kollidierte der Fahrer mit einem weiteren Fahrzeug, welches sich im Gegenverkehr genähert hatte. Der Fahrer verlangte den eigenen Schaden von seinem Vollkaskoversicherer ersetzt.

 

In der Kaskoversicherung ist der Versicherer jedoch leistungsfrei, wenn der Versicherte den Versicherungsfall grob fahrlässig herbei geführt hat. Ein solcher Fall liege hier vor - urteilte das OLG Brandenburg. Der Fahrer habe unbeachtet gelassen, was in der konkreten Situation jedem hätte einleuchten müssen. Sein Verhalten sei schlechthin unentschuldbar. Er habe unter Missachtung der Beschilderung, welche eine Weiterfahrt nur „geradeaus“ oder nach „rechts“ vorsah, nicht aber nach „links“ zuließ, sowie unter Missachtung der Fahrtrichtungsmarkierung auf der Fahrbahn, welche die Geradeausfahrt anordnete, durch Linksabbiegen ein Wendemanöver durchgeführt. Durch dieses Verhalten habe sich der Fahrer in besonders eklatanter Weise über die an der Kreuzung herrschende Verkehrsregelung hinweggesetzt. Ob das entgegenkommende Fahrzeug zu schnell gefahren sei oder nicht, könne den Fahrer nicht entlasten. Es habe sich ihm aufdrängen müssen, dass ein Linksabbiegen an der Kreuzung ohne eine gesonderte Ampel angesichts der Größe der Kreuzung (6 Fahrspuren, 2 Straßenbahngleise) mit erheblichen Gefahren verbunden war. Wenn der Fahrer sich auf seine Ortsunkundigkeit berufe, sei ihm entgegenzuhalten, dass gerade dieser Umstand ihn zu erhöhter Aufmerksamkeit und Umsicht hätte veranlassen müssen.

 

Der Versicherer musste den Schaden nicht regulieren. Der Fahrer blieb auf seinen Kosten sitzen.

 

Münster, 18.11.2008

Burkard Lensing, LL.M., Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungsrecht