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Fahrverbot – und was ist mit meinem Job?

Droht im Bußgeldverfahren ein Fahrverbot, so steht häufig die berufliche Existenz auf dem Spiel.

Soweit ein sich im Bußgeldkatalog befindender Fahrverbotstatbestand erfüllt ist, ist der Richter „in der Regel“ dazu gehalten, ein Fahrverbot auszusprechen. Der Gesetzgeber unterstellt bei Verwirkung der Bußgeldtatbestände die verkehrserzieherische Erforderlichkeit und vor allem die Angemessenheit der Fahrverbotsanordnung. Der Richter ist an diese gesetzgeberische Entscheidung gebunden. Allein der Verweis darauf, dass ein Fahrverbot mit beruflichen Problemen verbunden ist, vermag daher den Richter regelmäßig nicht davon zu überzeugen, von einem Fahrverbot abzusehen. Dies kann der Richter allenfalls dann, wenn erhebliche und unvermeidbare Härten durch Arbeits- und Existenzverlust konkret dargelegt werden.

Einfache Nachteile beruflicher oder wirtschaftlicher Art durch das Fahrverbot, etwa

  • Zeitverluste durch Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel,
  • finanzieller Mehraufwand für die Nutzung des ÖPNV,
  • Mehrkosten für Übernachtungen

reichen regelmäßig nicht aus, um von einem Fahrverbot absehen zu können.

Selbst bei akuter Existenzgefährdung ist ein Fahrverbot auszusprechen, wenn es notwenig ist, um den uneinsichtigen Betroffenen die verkehrsrechtlichen Ge- und Verbote eindringlich vor Augen zu führen. Dies ist unter anderem der Fall bei

  • erheblichen Voreintragungen,
  • besonders schwerwiegenden Verstößen,
  • Vorsatzverurteilungen,
  • Voreintragungen, aus denen sich bereits ein vorhergehendes Absehen vom Fahrverbot ergibt.

Im Übrigen differenziert die Rechtsprechung zwischen abhängig Beschäftigen und Selbständigen in Bezug auf die Frage, wann noch von einem Fahrverbot abgesehen werden kann.

Bei abhängig Beschäftigten nimmt die Rechtsprechung noch keine Existenzgefährdung an, wenn lediglich die Vermutung einer Kündigung im Raum steht. Der Betroffene muss aussagekräftige Unterlagen beibringen, die belegen, dass die Fahrerlaubnis zu seiner Berufsausübung unentbehrlich ist, die Kündigung konkret bevorsteht, er die Fahrverbotszeit nicht in seine Urlaubszeit verlegen kann und auch keine andere, vorübergehende innerbetriebliche Einsatzmöglichkeit für ihn besteht.

Beim Selbständigen hingegen kommt es auf die ernsthafte Gefahr für den Fortbestand des Betriebes durch die Vollstreckung eines Fahrverbotes an. Je kleiner der Betrieb ist, desto leichter wird es sein, dies nachzuweisen.

Münster, 19.07.2007

Burkard Lensing, LL.M., Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungsrecht, Master of Insurance Law