Hochschulrecht / Studienplatzklage

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Studienplatzklage
Studienplatzklage erfolgreich: Vergabeverordnung NRW, § 26 Abs. 1, verstößt gegen EU-Recht!

Benachteiligung von Studienbewerbern aus dem EU-Ausland verstößt gegen EU-Recht!

Mehrere Studienbewerber, die ihr Medizinstudium zunächst im EU Ausland begonnen hatten, haben jetzt Studienplätze im 1. Klinischen Semester an der Universität Bochum erhalten – mit einer ganz besonderen Begründung!

Ihren Studienplatz verdanken die von uns vertretenen Studienbewerber dem durch die EU gewährleisteten Recht auf Freizügigkeit. Danach darf jeder Unionsbürger in der EU frei wählen, wo er arbeiten oder studieren will. Das gilt auch für Studierende aus Deutschland, die zunächst im EU Ausland studiert haben und nun in Deutschland den klinischen Abschnitt ihrer Ausbildung absolvieren wollen. Sie dürfen bei der Bewerbung für einen Studienplatz im höheren Semester in Deutschland nicht benachteiligt werden, weil sie zunächst im EU-Ausland studiert haben.

Doch genau diese Benachteiligung sehen die Regelungen über die Vergabe von Studienplätzen in höheren Semestern in vielen Bundesländern vor! In NRW ist dies ausdrücklich in § 26 Abs. 1 S. 2 Vergabeverordnung geregelt.

Seit einigen Jahren hat unsere Kanzlei diese Verletzung des Freizügigkeitsrechts in Gerichtsverfahren angeprangert. Betroffen sind insbesondere Bewerber in den Studiengängen Medizin und Zahnmedizin, die anrechenbare Leistungen aus dem europäischen Ausland mitbringen. Sie werden bislang eindeutig benachteiligt. Ihnen werden alle Studienbewerber vorgezogen, die bereits einen Studienplatz in Medizin oder Zahnmedizin in Deutschland hatten – und das völlig unabhängig von ihren bisherigen Leistungen. Studenten aus Ungarn, Lettland, Rumänien, Tschechien usw., die dort einen Medizin- oder Zahnmedizinstudienplatz hatten, hatten es deshalb schwer.

Obwohl dies schon seit Jahren ein klarer Verstoß gegen das Freizügigkeitsgebot der EU-Verträge ist, hatte das Oberverwaltungsgericht NRW alle Anträge auf Gleichbehandlung abgelehnt, siehe Beschluss vom 01.10.2009, Az. 13 B 1185/09. Fast alle Verwaltungsgerichte haben sich dieser im Eilverfahren nicht mehr anfechtbaren Rechtsprechung angeschlossen.

Erst nachdem unser Büro bei der Europäischen Kommission in Brüssel angeregt hatte, gegen die Bundesrepublik Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, hat sich das Blatt gewendet. Die Europäische Kommission hat tatsächlich ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, mit dem Ziel, die betroffenen Bundesländer zu veranlassen, die europarechtswidrige Handhabung der Zulassung in höheren Fachsemestern zu ändern. Die Bundesrepublik Deutschland musste sich verpflichten diese europarechtswidrige Vergabepraxis zu beenden.

Jetzt hat sich unserer Meinung auch das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen angeschlossen und hat in einem <link file:227 _blank>Beschluss vom 29.02.2016 die Universität Bochum verpflichtet, Studienbewerber aus dem europäischen Ausland im 1. Klinischen Semester zuzulassen, denen bisher unter Verstoß gegen das Freizügigkeitsgebot die Zulassung verweigert worden war. Den entsprechenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 29.02.2016 stellen wir in der Anlage ein.

Die Vergabeverordnung NRW ist allerdings bisher noch nicht geändert worden. Dasselbe gilt für einige andere Studienplatzvergabeverordnungen in der Bundesrepublik. Es kann also weiterhin vorkommen, dass Studienbewerber aus dem EU Ausland benachteiligt werden und zu Unrecht keinen Studienplatz erhalten.

Münster, 11.03.2016

Mechtild Düsing, Rechtsanwältin
Fachanwältin für Verwaltungsrecht

Wilhelm Achelpöhler, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht