Hochschulrecht / Studienplatzklage
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Studienplatzklage
Studieren ohne Abitur

Bereits seit einigen Jahren ist ein Abitur oder eine Fachhochschulreife keine zwingende Voraussetzung mehr für ein Hochschulstudium. Wichtig ist hierfür lediglich eine Berufsausbildung mit der entsprechenden Berufserfahrung. So kann ein Meister oder jemand mit einem entsprechenden hochqualifizierenden Fortbildungsabschluss ohne jedwede weiteren Voraussetzungen ein Studium nach Wahl beginnen, während andere Berufstätige insbesondere dann, wenn sie ein fachlich nicht der Ausbildung entsprechendes Studium beginnen möchten, zusätzliche Voraussetzungen erfüllen müssen. Und genau diese Voraussetzungen sind von Bundesland zu Bundesland etwas verschieden. Im Folgenden werden die Voraussetzungen im Land Nordrhein-Westfalen dargestellt, wobei auf ähnliche Regelungen in Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern verwiesen wird. Zunächst werden die Zugangsvoraussetzungen getrennt nach der beruflichen Qualifikation dargestellt, sodann die Zulassungsvoraussetzungen für alle diejenigen, die ohne Abitur studieren möchten.

A. Zugangsvoraussetzungen

I. Hochschulzugang auf Grund beruflicher Aufstiegsfortbildung (Gruppe 1)

In Nordrhein-Westfalen berechtigt ein Meister oder ein entsprechender hochqualifizierender Fortbildungsabschluss zur Aufnahme eines Studiums in jedem Studiengang (§ 2 Abs. 2 der Berufsbildungshochschulzugangsverordnung NRW, im Folgenden „Verordnung“). Weitere Voraussetzungen sind nicht zu erfüllen. Dabei bleibt es dieser Gruppe Berufstätiger unbenommen, ein Probestudium zu absolvieren oder an einer Zugangsprüfung teilzunehmen. Beides hat jedoch keinen Einfluss auf die Hochschulzugangsberechtigung. Auch für den Fall, dass die Zugangsprüfung nicht bestanden werden sollte, ändert sich nichts an der Hochschulzugangsberechtigung, sodass das Wunschstudium auch im Fall des Nichtbestehens aufgenommen werden kann (§ 8 Abs. 3 der Verordnung). Bewerberinnen und Bewerber entscheiden ebenso über den Erfolg ihres Probestudiums nach eigener Einschätzung (§ 4 Abs. 3 der Verordnung).

II. Hochschulzugang auf Grund Berufsausbildung und beruflicher Tätigkeit

Voraussetzungsreicher ist ein Studium für Bewerberinnen und Bewerber, die keinen Meister oder einen entsprechenden hochqualifizierenden Fortbildungsabschluss abgelegt haben. Innerhalb dieser Gruppe ist zudem danach zu unterscheiden, ob ein Studium begonnen werden soll, welches der Ausbildung fachlich entspricht oder aber ein „Fachfremdes“.

1. Zugang zu fachlich entsprechenden Studiengängen (Gruppe 2)

Berufstätige, die ein ihrer Ausbildung fachlich entsprechendes Studium beginnen möchten, benötigen eine mindestens zweijährige Berufsausbildung mit anschließender - mindestens dreijähriger - Berufserfahrung (§ 3 der Verordnung). Einer dreijährigen Berufserfahrung gleichgestellt ist die hauptverantwortliche und selbstständige Führung eines Familienhaushalts und die Erziehung eines minderjährigen Kindes oder die Pflege eines Angehörigen. Weitere Einschränkungen gibt es in Bezug auf ein fachgebundenes Studium nicht.

2. Zugang zu fachlich nicht entsprechenden Studiengängen (Gruppe 3)

Für ein fachlich der Ausbildung nicht entsprechendes Studium müssen neben der Berufsausbildung und der Berufserfahrung zusätzliche Voraussetzungen erfüllt werden. So müssen Berufstätige entweder eine Zugangsprüfung erfolgreich ablegen oder aber bei nicht bundesweit oder örtlich zulassungsbeschränkten Studiengängen ein mindestens viersemestriges Probestudium erfolgreich absolvieren (§ 4 Abs. 1, 2, 4 der Verordnung).

Im Rahmen der Zugangsprüfung wird allgemeines und fachbezogenes Wissen geprüft, um so festzustellen, ob die sich bewerbende Person die fachlichen und methodischen Voraussetzungen für das Studium des angestrebten Studiengangs an einer Hochschule erfüllt (§ 6 der Verordnung). Die bestandene Zugangsprüfung berechtigt zur Aufnahme des Studiums im ersten Fachsemester des jeweiligen Studienganges an der prüfenden Hochschule. Dabei ersetzt die Note der Zugangsprüfung die Abiturnote. Das bedeutet, dass diese Note dann ausschlaggebend ist, wenn für einen Studiengang ein bestimmter Numerus Clausus verlangt wird.

Die Bewerbungsfristen für die Teilnahme an der Zugangsprüfung enden für das Wintersemester in der Regel am 1. April und für das Sommersemester in der Regel am 1. Oktober, wobei die Hochschulen diese Bewerbungsfristen auch verlängern können. Dieses sind jedoch nur die Bewerbungsfristen für die Zugangsprüfung. Die Bewerbungsfristen zur Aufnahme des Wunschstudiums richten sich nach den allgemeinen Bewerbungsfristen der Universitäten oder nach denen von hochschulstart.de.

Das Probestudium ist nur im Rahmen von nicht bundesweit oder örtlich zulassungsbeschränkten Studiengängen eine Alternative zu der Zugangsprüfung. Es dauert mindestens vier Semester und berechtigt im Falle des Erfolgs zur Fortsetzung des Studiums im jeweiligen Studiengang (§ 5 Abs. 1 der Verordnung). Ein erfolgreiches Probestudium setzt im Rahmen eines Bachelorstudiums voraus, dass der Studierende pro Probesemester mindestens 20 Leistungspunkte nachweist. In Studiengängen, die mit einer staatlichen oder kirchlichen Prüfung abgeschlossen werden, müssen mindestens zwei Drittel erfolgreiche Studien- und Prüfungsleistungen nachgewiesen werden, die in der jeweiligen Studien- und Prüfungsordnung innerhalb der absolvierten Probesemester vorgesehen sind.  

B. Zulassungsvoraussetzungen

Die Zulassungsvoraussetzungen unterscheiden sich danach, ob ein bundesweit oder örtlich zulassungsbeschränkter Studiengang oder ein zulassungsfreier Studiengang begonnen werden soll.

I. Bundesweit zulassungsbeschränkter Studiengang

Bundesweit zulassungsbeschränkt sind die Studiengänge Human-, Tier- und Zahnmedizin, sowie Pharmazie. Diejenigen, die an dem Vergabeverfahren auch ohne eine Zugangsprüfung teilnehmen können (Gruppen 1 und 2) nehmen mit einer Durchschnittsnote von 4,0 am Verfahren teil.

Dieses wird in der Regel nicht ausreichen, um zeitnah mit einem der oben genannten Studiengänge beginnen zu können. Es ist daher auch für diese beiden Gruppen Berufstätiger empfehlenswert, an einer Zugangsprüfung freiwillig teilzunehmen. Denn in diesem Fall nimmt die Bewerberin oder der Bewerber mit der Note der Zugangsprüfung am Vergabeverfahren teil.

Diejenigen, für die eine Zugangsprüfung ohnehin verpflichtend ist (Gruppe 3), nehmen ebenfalls mit der Note der Zugangsprüfung am Vergabeverfahren teil.

II. Örtlich zulassungsbeschränkter Studiengang

Studienplätze für Meisterinnen, Meister und vergleichbar Qualifizierte sowie für fachtreue Bewerberinnen und Bewerber (Gruppen 1 und 2) werden über eine Vorabquote vergeben. Von den vorhandenen Studienplätzen werden von den Hochschulen in NRW je Studiengang nur 2 % der Studienplätze für diese Bewerbergruppe reserviert. Sollte es mehr Bewerberinnen und Bewerber als Studienplätze geben, legt eine Auswahlkommission der Hochschule eine Rangfolge fest. Hierfür fordert z.B. die Heinrich Heine Universität Düsseldorf ein Motivationsschreiben.

Bewerberinnen und Bewerber der Gruppe 3, die eine Zugangsprüfung abgelegt haben, werden mit der Note der Zugangsprüfung und der Wartezeit am normalen Vergabeverfahren beteiligt.

III. Zulassungsfreie Studiengänge

In zulassungsfreien Studiengängen erhalten alle Bewerberinnen und Bewerber, die die Zugangsvoraussetzungen erfüllen, einen Studienplatz.

C. Die Wartezeit

Abgesehen von der Durchschnittsnote spielt insbesondere die Wartezeit bei bundesweit oder örtlich zulassungsbeschränkten Studiengängen eine Rolle. Bei Bewerberinnen und Bewerbern ohne Abitur beginnt die Wartezeit ab dem Zeitpunkt, in dem die Zugangsvoraussetzungen vorliegen (siehe A.).

Um sicherzustellen, dass das Wunschstudium zeitnah begonnen werden kann, ist es aufgrund der Komplexität der Regelungen und der verschiedenen Möglichkeiten zur Verkürzung der Wartezeit auf einen Studienplatz empfehlenswert, anwaltlichen Rat bei einem auf Hochschulrecht spezialisierten Rechtsanwalt einzuholen. Zur Verkürzung der Wartezeit empfiehlt sich eine Studienplatzklage. Informationen hierzu finden Sie unter <link http: www.numerus-clausus.info>www.numerus-clausus.info.

Wichtiges in Kürze

  • Studieren kann man auch ohne Abitur mit Berufsausbildung und entsprechender Berufserfahrung.
  • Die Bewerbungsfristen für einen Studienbeginn zum Winter- bzw. Sommersemester finden sich auf den Internetseiten der jeweiligen Universitäten oder auf der Internetseite www.hochschulstart.de.
  • Das Ablegen einer Zugangsprüfung ist stets empfehlenswert, da die Teilnahme an der Studienplatzvergabe dann mit dieser Note erfolgt – ohne Zugangsprüfung erfolgt eine Teilnahme mit einer Durchschnittsnote von 4,0. Für die Zugangsprüfung gelten gesonderte Bewerbungsfristen.
  • Einen guten Überblick über die Voraussetzungen für ein Studium ohne Abitur in den einzelnen Bundesländern bietet die Internetseite www.studieren-ohne-abitur.de. Für Studieninteressierte, die in Niedersachsen studieren möchten, gibt es zudem die Servicestelle der Offenen Hochschule Niedersachsen (<link http: www.offene-hochschule-niedersachsen.de _blank>www.offene-hochschule-niedersachsen.de)

 

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Münster, 12.12.2014

Mechtild Düsing, Rechtsanwältin
Fachanwältin für Verwaltungsrecht