Hochschulrecht / Studienplatzklage
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Studienplatzklage
Verwaltungsgericht Göttingen rügt die Universität Göttingen

In ausführlich und sorgfältig begründeten Beschlüssen des Verwaltungsgerichts Göttingen vom 27.04.2012 wirft das Verwaltungsgericht der Universität Göttingen einen rechtswidrigen Umgang mit den Mitteln aus dem Zukunftsvertrag II vor.

Das Verwaltungsgericht führt in den Beschlüssen aus, dass der mit Zustimmung des Niedersächsischen Landtags zustande gekommene Zukunftsvertrag II dazu diene, zusätzliche Studienplätze gerade in harten Numerus clausus-Fächern wie Human- und Zahnmedizin zu schaffen. Im Rahmen dieses Zukunftsvertrages II seien erhebliche Mittel an die Universitäten und insbesondere auch an die Universität Göttingen geflossen. Trotzdem - so stellt das Verwaltungsgericht fest - seien im gegenwärtigen Studienjahr (2011/12) die Studienplätze im Fach Humanmedizin von 279 auf 256 und im Fach Zahnmedizin von 84 auf 79 gesunken, was beim Verwaltungsgericht zu Recht auf völliges Unverständnis stieß. Das Verwaltungsgericht macht daher zur errechneten Kapazität einen "Sicherheitszuschlag" von 15 %, um die Universität in Zukunft zu einem rechtmäßigen Verhalten zu veranlassen.

Im Rahmen dieses Sicherheitszuschlags von 15 % hat das Verwaltungsgericht dementsprechend schon im WS 2011/12 und jetzt wiederum im SS 2012 zusätzliche Studienplätze an gerichtliche Kläger vergeben: 6 Kläger in Zahnmedizin und 22 Kläger in Humanmedizin konnten sich über einen Platz freuen.

Auch in den höheren Fachsemestern (2. - 4.) hat das Verwaltungsgericht zusätzliche Studienplätze an die Kläger vergeben, wobei teilweise nicht einmal genügend Kläger vorhanden waren, um die Studienplätze im höheren Fachsemester alle zu besetzen.

Das Verwaltungsgericht führt auf Seite 39 des Beschlusses im Fach Zahnmedizin völlig zu Recht aus, dass § 4 Abs. 2 Zukunftsvertrag II auch eine Schutzwirkung zugunsten der Studienplatzbewerber entfalte. Dies folgt nach Meinung des Verwaltungsgerichts daraus, dass dieser Zukunftsvertrag II ausdrücklich geschlossen wurde, um in den schwer umkämpften Numerus clausus-Fächern wie Human- und Zahnmedizin zusätzliche Studienplätze insbesondere für die doppelten Abiturjahrgänge einzurichten. Dies habe die Universität absichtlich vollkommen ignoriert, weshalb sie nun mit einem "Strafzuschlag" von 15 % zusätzlicher Studienplätze vom Verwaltungsgericht belegt wurde.

Den Ausführungen des Verwaltungsgerichts Göttingen ist in vollem Umfang zuzustimmen. Leider ist es jedoch so, dass andere Verwaltungsgerichte diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts Göttingen nicht folgen. Auch in anderen Bundesländern sind aufgrund von Verträgen der Länder mit dem Bund erhebliche Mittel zur Aufstockung von Studienplätzen geflossen. Dies gerade auch vor dem Hintergrund der jetzt auf die Universitäten zuströmenden doppelten Abiturjahrgänge. Trotzdem sind manche Verwaltungsgerichte der Ansicht, dass sich hieraus kein subjektiver Anspruch der Studienbewerber auf zusätzliche Studienplätze ergibt. Demzufolge können die Länder bzw. die Universitäten die vom Bund gezahlten Mittel teilweise ungestraft anderweitig verwenden oder in Studienplätze stecken, auf denen kein harter Numerus clausus liegt. Dies ist unseres Erachtens jedoch mit dem Grundrecht der Studienbewerber aus Art. 12 GG auf freie Berufswahl nicht zu vereinbaren.

Münster, 16.05.2012

Mechtild Düsing, Rechtsanwältin und Notarin

Wilhelm Achelpöhler, Rechtsanwalt