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Gefährliche Brustimplantate – Wer trägt die Kosten?
Der Skandal um die gefährlichen Brustimplantate des französischen Herstellers Poly Implante Prothèse (PIP) zieht immer weitere Kreise.
Experten warnen sogar davor, dass Silikon selbst dann austreten kann, wenn die Hülle des Implantats unbeschädigt ist.
Anfang Januar hatte daher das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) empfohlen, die gesundheitsgefährdenden Implantate entfernen zu lassen. Doch wer kommt für die Kosten der Behandlung auf? Die Krankenkassen haben bereits angekündigt, für die Kosten eines Austausches nicht vollständig aufkommen zu wollen, sondern vielmehr die Betroffenen an den Kosten zu beteiligen. Nicht nur, dass sich die betroffenen Frau einer Gesundheitsgefährdung ausgesetzt sehen, sie müssen sich somit auch noch auf hohe Kosten einstellen, wenn das Silikon entfernt wird. Das Problem der Kostenübernahme wird sich insbesondere bei gesetzlich krankenversicherten Patientinnen ergeben, bei denen die Implantate ursprünglich aus rein „kosmetischen“ Gründen eingesetzt wurden.
Die Krankenkassen berufen sich in diesen Fällen auf § 52 SGB V. Danach hat die Krankenkasse die Versicherten an den Kosten einer Folgeerkrankung nach einer medizinisch nicht indizierten ästhetischen Operation „in angemessener Höhe“ zu beteiligen. Die Krankenkassen verweisen darauf, dass das Risiko einer – nicht medizinisch indizierten – Implantation eines Brustimplantats und damit die Kosten zunächst bei der betroffenen Patientin liegen. Die Argumentation der Krankenkassen überzeugt nach diesseitiger Auffassung indes nicht.
Wird die Explantation durch einen Arzt dringend empfohlen, so ergibt sich hieraus die medizinische Notwendigkeit. Nach § 27 SGB V haben Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung einen Anspruch auf Heilbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Niemand wird bestreiten können, dass vorliegend die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt sind. Der Verweis auf die Vorschrift des § 52 SGB V überzeugt nicht, da die zu befürchtende Erkrankung der Patientin gerade nicht durch die (damalige) kosmetisch bedingte Implantat-OP eingetreten ist, sondern vielmehr durch das Implantat selbst!
Generell ist betroffenen Patientinnen mithin zu raten, einen ablehnenden Bescheid der Krankenkasse durch einen Rechtsanwalt überprüfen zu lassen.
Neben den Behandlungskosten können für die Betroffenen auch Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche in Betracht kommen, die durch die weiteren notwendigen operativen Eingriffe entstehen.
Auch hinsichtlich der weiteren Geltendmachung von Schadens- und Schmerzensgeldansprüchen ist den betroffenen Patientinnen dringend anzuraten, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, um die Erfolgsaussichten eines möglichen gerichtlichen Verfahrens überprüfen zu lassen.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat bereits im April 2010 eine Pressemitteilung herausgegeben mit der Empfehlung, die betroffenen Patientinnen zu informieren und die Brustimplantate der Fa. PIP bis auf weiteres nicht mehr einzusetzen. Frauen, denen nach dieser Pressemitteilung trotz des Warnhinweises Implantate der Fa. PIP eingesetzt worden sind, werden jedenfalls mit guten Erfolgsaussichten Ansprüche durchsetzen können.
Münster, 10.02.2012