Sozialrecht

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Bundessozialgericht: Privatschriftliche Stimmbindungsvereinbarungen können nicht die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung eines GmbH-Geschäftsführers mit nur einer Minderbeteiligung vermeiden.

Das Bundessozialgericht hat sich am 11.11.2015 in drei Grundsatzentscheidungen erneut mit der sozialversicherungsrechtlichen Stellung von GmbH-Geschäftsführern befasst, die an der Gesellschaft nur eine Minderbeteiligung, also eine Beteiligung von weniger als 50 % der Geschäftsanteile, haben. Schon die bisherige Rechtsprechung ging davon aus, dass diese Personen, anders als im Arbeitsrecht und dem Zivilrecht, als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte anzusehen seien. Diese unerwünschte Situation hat man vielfach dadurch zu vermeiden versucht, dass die Gesellschafter außerhalb des Gesellschaftsvertrages eine privatschriftliche Stimmbindungsvereinbarung getroffen haben. Darin wurde geregelt, dass in allen wichtigen, die Gesellschaft betreffenden Fragen, der/die Minderheitsgesellschafter nicht vom Mehrheitsgesellschafter überstimmt werden durften.

Durch diese Stimmrechtsbindung, die in unterschiedlicher Weise formuliert werden konnte, sollte der negative Effekt der Sozialversicherungspflicht des Geschäftsführers vermieden werden. Eine Alternative hierzu war die Vereinbarung einer Sperrminorität.

Das BSG hat jetzt endgültig entschieden, dass solche Vereinbarungen außerhalb des notariell beurkundeten und im Handelsregister eingetragenen Gesellschaftsvertrages unwirksam sind.

Das hat weitreichende Folgen für die Praxis. In allen Fällen, wo bisher nur eine privatschriftliche Vereinbarung dieser Art vorliegt, muss nachgebessert werden und zwar durch notariell beurkundete Ergänzung des Gesellschaftsvertrages. Es wird auch nichts mehr nützen, sich darauf zu berufen, der Minderheitsgesellschafter sei Kopf und Herz der Gesellschaft und für alle entscheidenden Dinge alleinverantwortlich. Gleiches gilt für Familiengesellschaften, wo die Mehrheit der Geschäftsanteile nicht in der Hand dessen liegt, der faktisch der Leiter des Unternehmens ist. Auch in diesen Fällen soll es nach Ansicht des BSG allein auf die Rechtsmacht des Mehrheitsgesellschafters ankommen, selbst wenn dieser sich aus dem operativen Geschäft weitgehend zurückzieht. Seine Rechtsmacht, letztlich alles zu bestimmen, ergebe sich aus seiner Mehrheitsbeteiligung.

Diese Grundsatzentscheidungen des BSG gelten auch für Minderheitsgeschäftsführer einer Unternehmergesellschaft und der GmbH & Co. KG.

Bundessozialgericht vom 11.11.2015:
B 12 R 2/14 R / B 12 KR 13/14 R / B 12 KR 10/14 R

Münster, 04.02.2016

Bernd Meisterernst, Rechtsanwalt und Notar a.D.
Fachanwalt für Arbeits- und Sozialrecht