Medien- und Urheberrecht

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Medienrecht
Zum urheberrechtlichen Schutz von Gutachterfotos

Am 29.04.2010 hatte der BGH entschieden, dass Lichtbilder, die ein Kfz-Sachverständiger erstellt hatte, urheberrechtlichen Schutz genießen. Einer Versicherung ist es verwehrt, ohne Einverständnis des Gutachters dessen Bilder bei ihren Bemühungen zur Veräußerung des Unfallfahrzeugs zu verwenden.

In einem vom Landgericht Oldenburg entschiedenen Fall ging nun ein Gutachter nunmehr sogar gegen einen Gegengutachter vor. Der Gutachter hatte zur Darstellung seiner Sicht des Unfallhergangs ein Gutachten erstellt und dafür Fotos gefertigt. Der Gegengutachter setzte sich mit diesem Erstgutachten auseinander und verwendete dabei unter Nennung des Erstgutachters dessen Fotos und setzte sich mit dessen Schilderung des Hergangs des Unfalls auseinander.

Nun nahm der Urheber der Fotos den Gegengutachter auf Unterlassung der Verwendung seiner Lichtbilder in Anspruch. Das Landgericht Oldenburg wies die Klage durch Urteil vom 11.05.2011, Az.: 5 O 3497/10, ab. Das Gericht wies darauf hin, dass die Verwendung der Bilder zur Erstellung eines Gutachtens nach § 45 Abs. 1 UrhG zulässig sei, da die Lichtbilder zur Verwendung in einem Gerichtsverfahren vervielfältigt wurden.

Es sei ausreichend, dass die Verwendung der Bilder in dem Verfahren beabsichtigt gewesen sei. Ob sie tatsächlich in das Verfahren eingeführt worden seien, sei unerheblich. Das Landgericht führte aus:

„Darüber hinaus dient § 45 UrhG dem Interesse einer funktionierenden Rechtspflege. Ohne die Verwendung der Lichtbilder im Gutachten des Beklagten würde die Überzeugungskraft seines Gutachtens nicht unerheblich leiden. Ein wissenschaftlicher Disput zwischen den Parteien eines Gerichtsverfahrens über eine durch Sachverständigenbeweis zu klärende Frage wäre erheblich eingeschränkt, wenn dem „Gegengutachter“ nicht die Möglichkeit eröffnet wäre, sich vollumfänglich mit dem Erstgutachten auseinander zu setzen. Um eine sachgerechte und angemessene Verteidigung gegen ein gerichtliches Gutachten zu ermöglichen, ist daher auch die Verwendung von Lichtbildern aus diesem Gutachten zur Verwendung in einem Gegengutachten zulässig.“

Selbst wenn § 45 Abs. 1 UrhG nicht zur Anwendung kommen sollte, ist aus Sicht des Landgerichts die Verwendung der Bilder zulässig, weil der Gegengutachter insoweit in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt habe.

Das Urteil kann hier abgerufen werden.

Münster, 03.08.2011

Wilhelm Achelpöhler, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht