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Versorgungsausgleich bei Versterben des Ex-Partners zurückholen

Geht eine Ehe zu Ende, so sind mit dem sogenannten Versorgungsausgleich die jeweils während der Ehezeit erworbenen Anrechte auf Altersvorsorge zwischen den Ehegatten aufzuteilen. So soll sichergestellt werden, dass auch der Ehegatte, der beispielsweise aufgrund der Kinderbetreuung nicht entsprechende eigene Anrechte erwerben konnte, im Alter trotzdem ebenso wie sein Ex-Partner abgesichert ist. Dies gilt neben den gesetzlichen Rentenversicherungen auch für private, betriebliche oder berufsständische Versorgungen sowie für die Beamtenpension. Bis zu einer Gesetzesänderung im Jahr 2009 mit Wirkung zum 01.09.2009 erfolgte der Ausgleich lediglich stets einseitig in Höhe der Hälfte der Differenz der jeweiligen Anrechte. War so beispielsweise der Ehemann in Vollzeit beschäftigt und hat somit entsprechend mehr verdient und eingezahlt als seine Ehefrau, die aufgrund der Kinderbetreuung nur in Teilzeit arbeiten konnte, so fand lediglich ein Ausgleich zulasten des Ehemannes statt. Heute hingegen, muss jeder Ehegatte die Hälfte seiner eigenen Anrechte an den Ex-Partner abgeben.

Grundsätzlich besteht immer die Möglichkeit einer Abänderung dieser gerichtlichen Entscheidung bei Vorliegen wesentlicher Wertänderungen, die sich erst nach Ende der Ehezeit ergeben haben, sich aber auf die während der Ehezeit erworbenen Anrechte auswirken, § 225 Abs. 1 FamFG. Diese Abänderungsmöglichkeit beschränkt sich jedoch auf die Regelsicherungssysteme, die Entscheidungen bezüglich einer zusätzlichen privaten oder betrieblichen Altersvorsorge können nicht geändert werden, § 225 Abs. 1 FamFG iVm § 32 VersAusglG.

Verstirbt nun der ausgleichsberechtigte Ex-Partner, so kann durch den Ausgleichspflichtigen beim Versorgungsträger ein Antrag auf „Anpassung wegen Todes“ nach § 37 des Versorgungsausgleichsgesetzes gestellt werden. Sodann werden die Anrechte aus den Regelsicherungssystemen nicht länger aufgrund des Versorgungsausgleichs gekürzt. Dies ist jedoch nur möglich, sofern die ausgleichsberechtigte Person nicht länger als 36 Monate Leistungen aus den übertragenen Anrechten bezogen hat.

Eine Besonderheit besteht nach § 51 des Versorgungsausgleichsgesetzes nun für die Fälle, in denen der Scheidungsantrag noch vor dem 01.09.2009 gestellt und noch vor dem 01.09.2010 – und damit nach altem Recht – von dem Amtsgericht entschieden wurde. Ausnahmsweise kann der Versorgungsausgleich trotz einer Rentenbezugsdauer des Verstorbenen von über 36 Monaten durch ein Abänderungsverfahren beim Familiengericht wieder aufgehoben und zudem in Bezug auf private oder betriebliche Altersvorsorgen, die nicht schon der Regelsicherung unterfallen, eine Aufhebung erwirkt werden („Totalrevision“) BGH Beschluss vom 16.05.2018 – XII ZB 466/16; BGH Beschluss vom 20.06.2018 – XII ZB 624/15. Der ausgleichspflichtige überlebende Ehegatte würde somit für die Zukunft seine vollen Anrechte zurückerhalten, da eine neue Entscheidung über den Versorgungsausgleich ergeht, und Verstorbenen nichts zugesprochen werden kann. Voraussetzung hierfür ist ein entsprechender Antrag beim Familiengericht und das Vorliegen einer rechtlichen und/oder tatsächlichen Änderung nach Ende der Ehezeit, welche zu einer wesentlichen Wertänderung der während der Ehezeit erworbenen Anrechte führt. Eine solche wesentliche Wertänderung ist vor allem in den Fällen anzunehmen, in denen die Ehegatten während der Ehezeit und vor 1992 Kinder bekommen haben, da sich aufgrund der sogenannten Mütterrente II nachträglich Änderungen im Hinblick auf die Anrechnung von Kindererziehungszeiten ergeben haben, bei nachträglichem Ausscheiden eines Beamten aus seinem Dienstverhältnis ohne Versorgungsanspruch, sowie bei Beamten, denen nach der Scheidung aufgrund des Versorgungsänderungsgesetzes aus dem Jahr 2001 der Ruhegehaltssatz abgesenkt wurde.

Auch Witwen können erreichen, dass ihre Witwenrente nicht länger um den Versorgungsausgleich der ersten, nun bereits verstorbenen Ehefrau, gekürzt wird.

Münster, 24.03.2020

Dr. Rita Coenen, Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familien- und Sozialrecht